
Autofahrer sollen Radfahrern Platz machen
Testweise hat Darmstadt Autofahrern Platz auf den Straßen abgezwackt – zugunsten von Radlern. Das soll jetzt zur Dauereinrichtung werden. Doch nicht an allen Stellen lief der Versuch reibungslos.
Den Radverkehr in der City attraktiver und sicherer machen – dieses Ziel hat sich die Wissenschaftsstadt Darmstadt gesetzt. Um ihm näher zu kommen, wurden im vergangenen Jahr an vier neuralgischen Punkten die Spuren für Radler provisorisch erweitert. Autofahrerinnen und -fahrer dagegen müssen sich seitdem an diesen Stellen mit weniger Platz begnügen. Konkret geht es um Straßenabschnitte am Roßdörfer Platz, am Steubenplatz, in der Neckarstraße und in der Zeughausstraße.
Die Verkehrsversuche wurden durch die Hochschule Darmstadt wissenschaftlich begleitet. Für die unterschiedlichen Bereiche von Verkehrsteilnehmern sind im Rahmen der Verkehrsversuche folgende Schlussfolgerungen gezogen worden: Für den Kfz-Verkehr konnte kein kritischer Rückstau beobachtet werden, der die Verkehrssicherheit gefährdete oder auf besonders schlechte Qualitätsstufen im Kfz-Verkehr schließen lässt. Für Einsatz- und Rettungsfahrzeuge konnten durch die Verkehrsversuche keine Einschränkungen beobachtet werden.
Nicht nur für den Radverkehr haben die Verkehrsversuche einen positiven Effekt, auch auf den Fußverkehr, da durch die Verlegung des Radverkehrs auf die Fahrbahn die Seitenräume nun vollflächig für den Fußverkehr zur Verfügung stehen. Die erwünschte Zunahme des Radverkehrs konnte vor allem auf dem längeren Abschnitt der Neckarstraße nachgewiesen werden. Aus der Nachher-Zählung ergibt sich ein deutlicher Zuwachs an Radverkehr gegenüber der Vorher-Zählung. Die Zahlen sind jedoch aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen (Wetter, Jahreszeit, unterschiedliche Lage der Zählschleifen) zu interpretieren. Die Fachverwaltung geht von einer Zunahme des Radverkehrs von 20 bis 40 Prozent aus. Aber vor allem in den sozialen Netzwerken entlud sich Ärger über den neuen Darmstädter Kurs. Die Debatte hat sich inzwischen beruhigt.
In Summe erreichen wir auf diesem Wege einen weiteren Meilenstein für mehr Flächengerechtigkeit zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern“, bilanzierte Verkehrsdezernent Michael Kolmer. Einige Gefahrenpunkte bestehen noch immer. Die TU-Forscher mahnen deshalb Nachbesserungen an, wenn demnächst dauerhaft umgebaut wird. Konkret am Steubenplatz biegen Autofahrer noch immer trotz Verbots rechts ab und queren dabei die Radspur. Verbotsschilder reichen da nicht aus, es muss baulich nachgebessert werden. Auf der Zeughausstraße kommt weiter zu „zahlreichen Konflikten“ – und zwar am Ende der Strecke. Die Verwaltung prüft daher alle möglichen und aufgrund der Rahmenbedingungen sinnvollen Verbesserungen und arbeitet diese in die jetzige Verkehrsführung ein. Die Verstetigung und Aufhebung temporärer gelber Markierungen werden aber erst nach dem Ende einer ab Frühjahr 2022 laufenden notwendigen Kanalbaumaßnahme im Bereich Paliplatz/Zeughausstraße ab Herbst 2022 möglich sein.
Die Politiker sehen sich in ihrer Annahme bestätigt, mehr Stadtbewohner aufs Fahrrad zu bekommen. Vor allem auf dem längeren Abschnitt der Neckarstraße waren seit letztem Sommer messbar mehr Zweiräder unterwegs.
TEXT Hans-Werner Mayer