ORGANSPENDE SOLL REFORMIERT WERDEN

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Viele Patienten, zu wenige Spender

Schauspieler und „Tatort“Kommissar Klaus J. Behrend setzt sich für die Organspende ein.

Tausende schwer erkrankte Patienten warten hierzulande auf eine Organspende, womöglich vergebens. Viele Menschen scheuen sich davor, ein Organ abzugeben. Bisher verlaufen Organspenden auf freiwilliger Basis. Die „Doppelte Widerspruchslösung“ soll bald jeden Menschen zum potenziellen Spender machen und damit soll die Zahl der Organspenden erhöht und so mehr Menschenleben gerettet werden. 

Denn in Deutschland herrscht zwischen den 32 Prozent mit Spenderausweis und den 81 Prozent, die der Organspende positiv gegenüber eingestellt sind, eine Diskrepanz, die Leben kosten kann. Statistisch gesehen sterben hierzulande täglich drei Menschen, weil sie nicht rechtzeitig ein lebensrettendes Organ bekommen haben. Mehr als 9.000 Menschen warten. Im vergangenen Jahr überließen aber nur 955 Menschen nach ihrem Tod Organe für andere schwerkranke Patienten, das ist zwar ein Plus von knapp 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Die gestiegenen Organspende-Zahlen sind gut, aber nicht gut genug“, betonte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Neue Gesetze sollen die Zahl noch weiter steigern.

Der Bundestag wird in den nächsten Monaten gleich über mehrere Gesetze beraten. Da sind zum einen bessere Bedingungen in den Kliniken. Kernpunkte sind höhere Vergütungen durch die Krankenkassen und mehr Freiraum für Transplantationsbeauftragte in den Kliniken. Bisher sind Entnahmen nur bei ausdrücklich erklärter Zustimmung erlaubt. Gesundheitsminister Spahn wirbt daher für eine „doppelte Widerspruchslösung“. Sein Entwurf wird vom SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach mitgetragen. Demnach sollen alle deutschen Staatsbürger ab 16 Jahren über den Zeitraum von einem Jahr ausführlich informiert und schließlich als Spender registriert werden – außer sie widersprechen. Die Entscheidung soll jederzeit revidiert werden können. Liegt kein Widerspruch vor, sollen Angehörige nach dem Versterben eines möglichen Spenders zudem gefragt werden, ob der Tote einer Organentnahme zugestimmt hat. In 20 von 28 EU-Staaten gelte bereits eine Widerspruchslösung, sagte Spahn. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnte jedoch vor der Aufgabe des Prinzips der Freiwilligkeit. Von Spende könne keine Rede mehr sein. Die Widerspruchslösung setze darauf, dass die meisten sich nicht mit der Frage beschäftigen und schweigen. „Schweigen heißt aber nicht Zustimmung“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch.

Eine Gruppe um die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock und Linke-Chefin Katja Kipping schlägt stattdessen eine verbindlich wiederkehrende Abfrage etwa beim Abholen neuer Pässe oder Personalausweise vor – auch mit der Option, sich noch nicht zu entscheiden.

„Wir wollen die Organspende nach dem Tod als eine bewusste und freiwillige Entscheidung beibehalten und stärken, die nicht durch den Staat erzwungen werden darf.“

Einigkeit besteht darüber, dass die aktuellen gesetzlichen Regelungen überarbeitet werden müssen – auch das zeigen die überparteilichen Initiativen. Erwartet wird deshalb, dass der Bundestag ergebnisoffen und ohne Fraktionszwang über die Neuregelung zur Organspende abstimmen wird.

Text: Hans-Werner Mayer