PFLEGENOTSTAND HAT VIELE URSACHEN

Eine Krankenschwester Pflegt eine ältere Frau Zuhause.

Situation verschärft sich weiter

Derzeit sind in Deutschland 3,3 Millionen Menschen pflegebedürftig. 2030 werden es nach Schätzungen des Bundesfamilienministeriums 4,07 Millionen Menschen sein und es gibt zu wenige Fachkräfte, die sich um diese Menschen kümmern. Denn schon jetzt können Zehntausende Arbeitsplätze in der Pflege nicht besetzt werden.

aut der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fehlen in deutschen Krankenhäusern aktuell 70.000 Pflegekräfte. Wissenschaftliche Studien sprechen sogar von 100.000. Woher also sollen die zusätzlichen benötigten Kräfte kommen? Zu viele Gründe sprechen gegen einen Job im Altenheim oder Hospital: Die Bezahlung ist schlecht, die Belastung hoch, die Arbeitszeiten schrecken ab und eine Karriere ist kaum möglich. Und auch die Rekrutierung von Pflegekräften aus dem Ausland löst das Problem langfristig nicht. In deutschen Pflegeheimen und Krankenhäusern arbeiten 62.500 ausländische Pflegekräfte. Viele verfügen über eine umfangreiche Ausbildung oder sogar über ein abgeschlossenes Pflegestudium. Häufig stellt jedoch die Sprache die größte Barriere dar, denn nur mit guten Sprachkenntnissen können die Pflegekräfte mit den Pflegebedürftigen kommu
nizieren. Viele, die zu uns kommen, gehen wieder, weil die Arbeitsbedingungen so schlecht sind oder sie kommen erst gar nicht mehr nach Deutschland, sondern die gehen nach Norwegen oder nach England, wo sie bessere Konditionen vorfinden. 

Der Durchschnittsstundenlohn aller Beschäftigten liegt hierzulande bei 16,97 Euro. Dahinter bleiben die Bruttostundenlöhne von examinierten Arbeitskräften in der Altenpflege mit 14,24 Euro und der Krankenpflege mit 16,23 Euro zurück. Die Helfer und Helferinnen in der Alten- und Krankenpflege bekommen sogar nur etwas mehr als elf Euro die Stunde. Soziale Dienstleistungsberufe sind auch wegen der körperlichen und seelischen Belastung unattraktiv. In keinem
anderen europäischen Land muss sich eine Pflegekraft um mehr Patienten kümmern als in Deutschland. Und die Belastung ist höher. In Folge zu schlechter Personalausstattung betreut hierzulande eine Krankenschwester durchschnittlich 13 Patienten. In anderen Ländern ist sieht das besser aus. In England kommen 8,6, in den Niederlanden sieben und Norwegen fünf Patienten auf eine Pflegekraft.

Auch die Krankenhäuser in Südhessen tun sich schwer, geeignete Mitarbeiter für die Pflege zu finden. Die Not ist so groß, das längst ein regelrechter Wettkampf ums Personal entbrannt ist: Die Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg bieten 5.000 Euro, wenn Pflegekräfte zu ihnen wechseln. Sie werben mit Postkarten und Flyern um „Mehr helfende Hände“. Obwohl auch die drei Darmstädter Kliniken auf der Suche nach Mitarbeitern sind, lehnen sie solche Abwerbeversuche jedoch ab. Man setzt viel mehr auf die eigene Ausbildung um neue Mitarbeiter gewinnen und nachhaltige Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Berufs, sowie Aus-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, aber auch die Bezahlung nach Tariflohn.

Der Pflegenotstand in Zahlen – Wussten Sie, dass

… sich die Anzahl der Pflegebedürftigen innerhalb der nächsten 50 Jahre verdoppeln soll?

… ein Drittel der Pfleger das Rentenalter nicht erreichen, da sie aufgrund körperlicher und geistiger Belastungen berufsunfähig werden?

… die Pfleger zu einen der Berufsgruppen gehört, die das höchste Risiko an Berufsunfähigkeit aufweisen?

… viele Versicherungen den Versicherungsschutz für Pfleger ablehnen?

Text: Hans-Werner Mayer