
Erfolgreich in herausfordernden Zeiten
Der Darmstädter Öko-Energieversorger ENTEGA hat das Geschäftsjahr 2021 mit einem Gewinn vor Steuern und Zinsen (EBIT) in Höhe von 80,4 Millionen Euro (2020: 80,8 Millionen Euro) abgeschlossen. „Wir sind in herausfordernden Zeiten überaus erfolgreich. Unser Geschäftsmodell funktioniert mehr denn je“, sagte Dr. Marie-Luise Wolff, Vorsitzende des Vorstandes auf der Hauptversammlung des Unternehmens. Der Darmstädter Öko-Energieversorger und Telekommunikationsdienstleister setzte trotz Corona und der angespannten Lage auf den Energiemärkten im Geschäftsjahr 2021 genau 2.060,3 Millionen Euro (2020: 1.840,9 Millionen Euro) um. Fast zehn Milliarden Kilowattstunden Strom und sieben Milliarden Kilowattstunden Erdgas setzte das Unternehmen ab, darüber hinaus 331,8 Millionen Kilowattstunden Wärme und 13,8 Millionen Kubikmeter Wasser. ENTEGA erzeugt mittlerweile fast eine Terawattstunde Strom selbst – unter anderem mit 252,9 Megawatt installierter Windkraftleistung – und spart damit rund 620.000 Tonnen CO2 jährlich ein. „Im Geschäftsjahr 2021 haben sich 41.500 Kundinnen und Kunden neu für ENTEGA entschieden. Dies unterstreicht, dass unser konsequenter Kurs für die Energiewende und nachhaltiges Wirtschaften bei den Menschen ankommt“, so Dr. Marie-Luise Wolff. Das Unternehmen beschäftigt derzeit 2114 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und 109 Auszubildende. In den kommenden Jahren will das Unternehmen vor allem im Bereich der Glasfaserversorgung wachsen. „Wir werden in den kommenden fünf Jahren 200 Millionen Euro jährlich – also insgesamt eine Milliarde Euro investieren. Die Hauptversammlung beschloss vom Jahresüberschuss 19,7 Millionen Euro (23 Cent Euro je Aktie, 2020 25 Cent) an die Anteilseigner auszuschütten.
US-Förderung für »Terra Preta«
Darmstadt ist eine von nur sieben Städten weltweit, die Fördermittel von der US-Stiftung »Bloomberg Philantropies« erhält, um eine Karbonisierungsanlage zu bauen. Diese Anlage entsteht bis zum Jahresende auf dem Gelände der Kompostierungsanlage des EAD in Kranichstein. Damit sollen jährlich 1.000 Tonnen Pflanzenkohle aus 4.000 Tonnen organischem Abfall erzeugt werden. Die Anlage ist eine der ersten ihrer Art in Deutschland und versetzt Darmstadt in die Lage, „die Atmosphäre, um jährlich über 2.000 Tonnen CO2-Äquivalente zu entlasten, da der Kohlenstoff dauerhaft im Boden gebunden wird“, wie Kämmerer André Schellenberg sagt. Unter Druck und hoher Temperatur werden bei dem Verfahren organische Substanzen verkohlt. Es entsteht die sogenannte »Terra Preta« (Portugiesisch für „Schwere Erde“), die nicht nur besonders fruchtbar ist, sondern auch einen großen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Zudem bleibe rund die Hälfte des Kohlenstoffs des Ausgangsmaterials langfristig in der Pflanzenkohle eingeschlossen.
Das Substrat soll mit seiner hohen Wasserspeicherfähigkeit und der Absorption von Krankheitserregern in städtischen Grünflächen und an Bäumen zum Einsatz kommen und sie widerstandsfähiger machen. Gleichzeitig könne der Wasserabfluss bei Starkregen verzögert werden. Das Verfahren gilt als so vielversprechend, dass auch der Bund das Darmstädter Projekt mit einer Million Euro fördert. Beispielhaft scheint auch die Anlage selbst: Aus der Abwärme der Anlage wird mit einer Mikrogasturbine Strom erzeugt, den die Kompostierungsanlage selbst nutzt. Überkapazitäten können ins städtische Stromnetz eingespeist werden. Laut EAD ist auch das ein deutschlandweit einzigartiges Pilotprojekt. Wie hoch die Summe ist, mit der Bloomberg Philantropies die 5,1 Millionen Euro teure Karbonisierungsanlage unterstützt, sagt die Stadt nicht. Aber die Stiftung hat im vergangenen Jahr 1,66 Milliarden Dollar verteilt.
Bauverein schlägt Alarm
Die Bauverein AG hat nun insgesamt 17.038 Wohnungen im Bestand. In Darmstadt sind es 13.112, davon rund 40 Prozent gefördert. Etwas mehr als zwölf Millionen Euro Überschuss erzielte die Stadtwirtschaftstochter im vergangenen Jahr. Wie schon 2020 ist die Ausschüttung auf sechs Millionen Euro gedeckelt. 1,225 Millionen fließen in die Rücklage für den sozialen Wohnungsbau, 4,8 Millionen in andere Gewinnrücklagen. Diese Zahlen nannte Bauverein-Vorstand Sybille Wegerich bei der Bilanzpressekonferenz. Das Wohnungswirtschaftsunternehmen erzielte rund 800.000 Euro dadurch, dass bei einem Mieterwechsel die Wohnung saniert und danach teurer weitervermietet wurde. Im geförderten Bereich ist die Mieterhöhung nach Modernisierung auf zwei Euro pro Quadratmeter und Monat festgelegt und Mietern mit mittleren Einkommen wird eine jährliche Mieterhöhung von maximal einem Prozent garantiert, wenn sie einen entsprechenden Nachweis erbringen. „Wir kommen auch in Darmstadt nicht um die Diskussion herum, dass der Spagat zwischen Klimaschutz und bezahlbarem Wohnraum immer größer wird“, sagte Wegerich. Klimaneutrales Wohnen drohe zu einem unbezahlbaren Produkt zu werden. Dadurch, dass die Mieterhöhungen für Mieter gedeckelt würden, blieben die Kosten für die Modernisierung am Vermieter hängen. „Von uns wird eine Modernisierung zum Preis eines Neubaus von vor drei Jahren erwartet “, stellte Wegerich fest. „Was gefordert wird, muss gefördert werden, sonst geht das Modell, als Wohnungswirtschaft preisdämpfend unterwegs zu sein, weder im Neubau noch bei der Modernisierung mehr auf“, warnte auch Armin Niedenthal. Man geht von einer Verdreifachung des Gaspreises aus, der bei den Bauverein-Mietern aufgrund der Entega-Verträge erst 2023 ankommt – dann aber mit Wucht.

Ausbau des Fernwärmenetzes
Die ENTEGA startete mit dem Ausbau des Fernwärmenetzes. Die gesamte Baumaßnahme dauert von Juli 2022 bis Ende 2023. 1.200 Meter Wärmeleitungen werden dabei verlegt. Die bestehende Trasse verläuft vom Heizwerk der ENTEGA in der Frankfurter Straße 100 über die Kasinostraße in die Liebigstraße. Vor dort entlang der Wilhelm-Leuschner-Straße, Bismarckstraße hinweg in die Grafenstraße. Die benötigte Wärme wird bei der Müllverbrennung im Darmstädter Müllheizkraftwerk gewonnen. Dadurch verringert sich der Einsatz fossiler Energieträger deutlich. Die Arbeiten erfolgen in mehreren Bauabschnitten. Los geht es am 23. Juli in der Rheinstraße, Ecke Grafenstraße. Dort wird die westliche Seite der Grafenstraße inkl. der nördlichen Seite der Rheinstraße aufgegraben und die neue Leitung gelegt. Dies nutzt die e-netz Südhessen und erneuert dort gleichzeitig die Wasser- und Gasleitung. Während der Bauphase bis Mitte September wird die Rheinstraße zeitweise nur einspurig, in Tunnelrichtung, befahrbar sein. Neuralgische Punkte wie die Querung der Hügelstraße werden im Herbst 2022 mit den verkehrsbeeinflussenden Sanierungsmaßnahmen am Staatstheater ausgeführt. Der Ausbau entlang der Saalbaustraße wird noch gemeinsam mit den zuständigen Behörden erarbeitet. Ein genauer Zeitplan ist noch in Erstellung.

Texte Hans-Werner Mayer