Nachhaltiges Bauen: Der ressourcenschonende Alnatura Campus

Bau mit Vorbildcharakter. Das Gebäude erhielt ein Zertifikat in Platin der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DNBG).

Offen, einfach, ressourcenschonend

In Darmstadt entstand auf dem Grundstück der ehemaligen Kelley-Barracks mit dem Alnatura Campus ein architektonischer Meilenstein in puncto Nachhaltigkeit, Materialeffizienz, Offenheit und moderner Arbeitsformen.

Von Bickenbach an der Bergstraße bis nach Darmstadt sind es nur knapp 14 Kilometer. Für Alnatura, das seinen Hauptsitz von Bickenbach nach Darmstadt verlegte, war es aber ein weiter Weg, der vom alten zum neuen Standort führte. Denn die neue „Alnatura Arbeitswelt“, die den Kern des „Alnatura Campus“ bildet, ist nicht ein beliebiger Verwaltungsbau, gefertigt nach gängigen Standards. Alnatura-Gründer und -Geschäftsführer Götz Rehn wollte einen Bau mit Vorbildcharakter entstehen lassen, doch zu einem vertretbaren Preis. Der Entwurf des Stuttgarter Architekturbüros Haas Cook Zemmrich Studio 2050 entspricht dem, was Rehn, die „kulturelle, geistige Dimension der Nachhaltigkeit“ nennt.

Das Gebäude wird ganzjährig natürlich belüftet und verzichtet vollständig auf ressourcenverbrauchende und wartungsintensive Klima- und Lüftungsgeräte. Hierfür wird der Kiefernwald als Quelle für Frischluft genutzt, die über zwei Ansaugtürme am Waldrand in einen Erdkanal geleitet und von dort ins Gebäude geführt wird. Für den Antrieb des Luftstroms sorgt der Kamineffekt des Atriums, eine Thermik, die sich unter dem Oberlichtband einstellt. An heißen Sommertagen helfen die hohen Räume und die Verdunstungskühlung des Lehms, Wärmeinseln im Arbeitsbereich zu vermeiden.

Zu den Besonderheiten des konzipierten Gebäudes zählt der Einsatz einer innovativen Stampflehmfassade, die weltweit erstmals mit einer geothermischen Wandheizung belegt wurde. Lehm, als beliebtes Material für nachhaltiges Bauen, kann rasch Feuchtigkeit, etwa aus der Atemluft, aufnehmen und wieder abgeben. Es ist zwar einer der ältesten Baustoffe, dennoch kein übliches Material, schon gar nicht für den Wandaufbau eines Bürogebäudes mit 13 500 m² Bruttogeschossfläche. Außergewöhnlich ist auch die schallwirksame Holzlamellendecke, die das Atrium und die komplett offen gehaltenen Büroflächen überspannt. Das Gebäude bietet auf drei Etagen mit einer Fläche von ca. 10.000 Quadratmetern Platz für bis zu 500 Mitarbeiter.

Architektonisch soll das Haus nicht beeindrucken, sondern einladen. Wer in das Atrium tritt, fühlt sich beinahe wie unter freiem Himmel. Das lichtdurchflutete Holzdach und die transparenten Stirnfassaden lassen so viel Sonnenlicht hereinströmen, dass der gesamte Innenraum taghell erleuchtet wird. Treppen, Brücken und Stege schaffen Verbindungen und bereichern das räumliche Erleben. Mit akustisch wirksamen Vorhängen können Besprechungsbereiche bei Bedarf abgetrennt werden.

Das Gelände, auf dem gebaut wurde, erwies sich als schwieriger Baugrund. Es ist eine Konversionsfläche. Einst wurden hier Panzer gewartet, auf massiven Betonplatten, die heute – zerkleinert – Teile des Alnatura Campus bilden, wie etwa ein Amphitheater oder Umfassungsmauern an der Einfahrt. Der verseuchte Sandboden wurde abgetragen. Auf dem Unternehmensgelände gibt es heute Angebote an die Öffentlichkeit, vom Kindergarten über private ökologische Ackerflächen bis zum vegetarischen Restaurant.

TEXT Hans-Werner Mayer

QUELLE: haascookzemmrich STUDIO2050