
Accessoires sind mehr als stylische Beigaben
Nimmt man es wörtlich, so sind Accessoires (franz.) lediglich modische
‚Nebensächlichkeiten‘, die einen Look ergänzen sollen. Dazu gehören zum Beispiel Tücher, Hüte, Gürtel, Schmuck, Uhren oder Sonnenbrillen. Für
Modebewusste und leidenschaftliche ‚Fashionistas‘ sind allerdings solche stylischen Ergänzungen zur Kleidung oft nicht nur nettes Beiwerk, sondern wichtige Hauptakteure. Denn erst Accessoires machen ein Outfit komplett, sie sind das I-Tüpfelchen, das ‚Statement-Piece‘, das die Träger modisch adelt.
Eine wichtige Rolle bei diesen Optimierungsbeigaben sind heute angesagte luxuriöse Modelabels – bei Männern wie bei Frauen. Wer schielt nicht auf die Bügel einer coolen Sonnenbrille und schaut, ob da ein bekannter Couture-Name eingraviert ist oder taxiert einen schicken Gürtel, ob an der Schnalle nicht die auffälligen Initialen eines angesagten Designers aufblitzen?
Accessoire ist also nicht gleich Accessoire. Einige haben nämlich mittlerweile Kultstatus erreicht. Die Bedingung dafür: Das gute Stück muss erkennbar aus einem teuren und exklusiven Modehaus stammen und damit seinem Besitzer entsprechend Glanz und Glamour verleihen. Das zumindest hoffen all jene, deren Kleiderschrank mit solchen oft sündhaft teuren ‚Nebensächlichkeiten‘ – manchmal sind es auch nur die billigen Kopien aus Fernost – bestückt ist. Kult-Serien wie ‚Sex and the City‘, internationale Modebloggerinnen, ‚It-Girls‘ aus der Boulevard-Presse oder Promi-Ladies wie Viktoria Beckham haben nicht unerheblich zu diesem Hype beigetragen.
Unangefochten an der Spitze der Beliebtheitsscala der umschwärmten Objekte der Begierde rangieren aber Handtaschen – vor allen bei der weiblichen Hälfte der Menschheit. Dabei sind es häufig gerade die Unerschwinglichen mit ruinösem Suchtpotenzial, die hierzulande Frau am liebsten haben möchte. Manch junges Mädchen spart jahrelang, bis sie die fünfstellige Summe zusammen hat, die bestimmte ‚Must-Have-Bags‘ etwa von Gucci, Prada, Burberry, Valentino, Céline, Dior, Jimmy Choo oder Chanel kosten.
Grundsätzlich geht der Trend zu einer Tasche für jede Gelegenheit. Nur zwei oder drei reichen bei den meisten nicht mehr aus – egal ob sie von einem Designer entworfen wurden oder nicht. Manche Fans besitzen 30 und mehr – in allen Farben, Formen und Materialien: von der glitzernden Clutch bis zum lässigen Lederrucksack. Immer ist das kleine Alltagsgepäck an der Hand, an der Armbeuge oder über der Schulter dann ein unverzichtbarer
mobiler Stauraum für Elementares.
Die deutsche Frau kramt etwa 67 Tage ihres Lebens in ihrer Handtasche.
Und das ist oft nicht wenig. Statistiker haben nämlich herausgefunden, dass die deutsche Frau etwa 67 Tage ihres Lebens in ihrer Handtasche kramt, um etwas Bestimmtes zu suchen. Die Auswahl ist da bei jedem etwas anders, reicht meist von der Geldbörse und dem Smartphone zu anderen Accessoires wie der Sonnenbrille und dem Halstuch. Nebenbei führen dann nicht selten noch ein Notschminkset, ein kleiner Schirm, ein Adressbuch, alte Bonbons, gebrauchte Taschentücher oder ein Ersatzslip für alle Fälle ein eher dunkles und verstecktes Dasein im Innenraum des modischen Begleiters.
So gesehen wird eine Handtasche samt ihres Inhaltes in gewisser Weise zur intimen ‚Zone‘, die fast mit dem Körper verwachsen zu sein scheint und dabei ein bisschen auch die Identität ihrer Besitzerin widerspiegelt – bei der begehrten IT-Bag genauso wie bei dem Vintage-Secondhand-Beutel. Da kann, was den Stellenwert betrifft, anderes modisches Zubehör nur selten mithalten.
Text: Nicola Wilbrand-Donzelli
Foto: Tamara Bellisl