KOHLENSTOFF-IONEN ZERSTÖREN HIRNTUMOR

Quelle: Universität Heidelberg

Therapie wurde in Darmstadt entwickelt

In dieser 670 Tonnen schweren Anlage werden die Kohlenstoff-Ionen durch elektromagnetische Felder auf über 70 % der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Dann werden sie ausgekoppelt und millimetergenau auf den Tumor gelenkt.

Eine Bestrahlung mit Schwerionen kann gegen einen der bösartigsten Hirntumore bei Erwachsenen helfen. Bislang waren Glioblastome gegen gängige Krebstherapien resistent und hatten deshalb eine sehr schlechte Prognose. Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Universitätsklinikum Heidelberg haben nun in einer Studie gezeigt, dass eine Bestrahlung mit Schwerionen auch diese Krebszellen zerstören können. 

Das Glioblastom ist eine tückische Erkrankung, heißt es in einer Mitteilung des Krebsforschungszentrums. Der Tumor kann bei einer Operation zwar zum größten Teil entfernt werden. Trotzdem wandern immer einige Krebszellen in das gesunde Hirngewebe ein. Diese lassen sich durch die Operation nicht entfernen. Die Erkrankung kann daher in ihrem Fortschreiten etwas verlangsamt, aber nicht geheilt werden.

Besonders widerstandfähige Zellen

Ein weiterer Grund für die schlechte Prognose ist, dass Glioblastome sowohl auf die Chemotherapie als auch auf die Strahlentherapie wesentlich schlechter ansprechen als andere Tumore. Sie enthalten neben den normalen Krebszellen auch solche, die besonders widerstandsfähig sind. Hierzu gehören zum einen Tumorstammzellen, zum anderen die hypoxischen Zellen, die aus dem inneren Bereich des Tumors stammen, in dem meist Sauerstoffmangel herrscht.

Bei der herkömmlichen Strahlentherapie wird der Tumor mit Photonen bestrahlt. Diese Energieteilchen zerstören die Krebszellen nicht selbst, sondern erzeugen in den Zellen reaktive Sauerstoffmoleküle, sogenannte Radikale, die wiederum das Erbgut der Krebszellen zerstören. Tumorstammzellen sind allerdings in der Lage, diese Sauerstoff-Radikale zu neutralisieren. Zusätzlich verringert der Sauerstoffmangel im Inneren des Tumors die Entstehung dieser hochwirksamen Sauerstoff-Radikale, sodass auch die hypoxischen Zellen die Bestrahlung überleben können.

Der Umweg über die Sauerstoff-Radikale ist bei der Bestrahlung mit Schwerionen dagegen nicht notwendig. Sie vernichten die Tumorzellen direkt. Verwendet wurden dazu Kohlenstoffionen, die unmittelbar am Erbgut der Krebszellen komplexe Schäden verursachen, die weder Tumorstammzellen noch hypoxische Zellen reparieren können. Die Bestrahlung führt außerdem dazu, dass sich das Tumormilieu verändert und das Glioblastom eventuell für das Immunsystem leichter angreifbar wird.

Die Behandlung von Tumorpatienten mit Ionenstrahlen hat übrigens einen Darmstadt-Bezug: Das Verfahren ist vor mehr als 20 Jahren am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung entwickelt worden. Die ersten Patienten waren dort 1998 über einen Zeitraum von drei Wochen in einem Labor behandelt worden. Die Pilotstudie umfasste 450 Patienten mit Tumoren im Kopf- und Halsbereich. Beobachtungen zeigten, dass bei 75 bis 90 Prozent der Patienten das Tumorwachstum gestoppt werden konnte.

Text: Hans-Werner Mayer