Klimaneutralität — Was wirklich helfen kann

Was Forscher gegen die Erderwärmung tun wollen

Maximal zwei Grad Erwärmung hat sich die Weltgemeinschaft als Ziel gesetzt, besser nur 1,5 Grad. Das bedeutet, dass die Treibhausgasemissionen bis 2050 nahezu auf null stehen müssen. Aber es geht einfach nicht schnell genug voran mit der Reduktion. Einige Wissenschaftler überlegen, wie das zu erreichen wäre. Aber wie praktikabel sind ihre außergewöhnlichen Ideen wirklich?

Der Schwefelschirm

Wenn ein Vulkan ausbricht, schleudert er massenhaft Schwefel in Form des Gases Schwefeldioxid in die Erdatmosphäre. Dort oben wirken die winzigen Teilchen wie ein Sonnenschirm: Sie halten einen Teil des Sonnenlichts zurück, und auf der Erde wird es ein paar Jahre lang deutlich kühler. Manche Klimaforscher wollen mit diesem Vulkan-Trick die Erderwärmung aufhalten: Sie schlagen vor, aus Flugzeugen tonnenweise Schwefel abzulassen. Das würde die vom Menschen verursachte Überhitzung des Klimas fast sofort stoppen. Das Problem ist nur: Der Schwefel würde den Planeten zwar kühlen, aber nicht an den richtigen Stellen. Denn wenn weniger Sonnenstrahlen auf die Erde treffen, sinkt die Temperatur vor allem dort, wo sonst am meisten Licht ankommt: in den Tropen. Am Nord- und Südpol, wo die Temperaturen weltweit am stärksten steigen, wird es dagegen kaum kälter.

Das Plankton-Projekt

Alle Pflanzen nehmen beim Wachsen Kohlendioxid in sich auf. Meeresalgen können zusätzliche Mengen des Klimagases aus der Luft holen – wenn man sie mit Eisensulfat düngt. Einige Wissenschaftler setzen deshalb auf Plankton als Klimaretter: Sie planen, von Schiffen aus große Mengen Eisensulfat in die Ozeane zu schütten. Dadurch würden überall Algen aufblühen, dann absterben und auf den Meeresboden sinken, mitsamt dem CO2. Das wäre dann erst einmal verschwunden und könnte das Klima nicht weiter aufheizen. Ein Problem ist aber, dass wir nicht wissen, welche Folgen die ungeheure Vermehrung der Algen für die Meere und Meerestiere hätte. Möglich, dass wir damit ungewollt Schaden anrichten.

Wolkenschiffe

Solche unbemannten Schiffe sollen auf den Ozeanen der Welt Meerwasser in die Atmosphäre blasen, um Wolken zu erzeugen, die Sonnenlicht reflektieren – und es so von der Erde abhalten. FOTO: Copenhagen Center

Eine dichte Wolkendecke schützt vor intensiver Sonneneinstrahlung. Einige Wissenschaftler überlegen deshalb, Wolken ganz gezielt herzustellen. Dazu wollen sie Spezialschiffe bauen, die ohne Menschen an Bord über die Meere schippern und dabei einen feinen Nebel aus Salzwasser in die Luft sprühen. An den winzigen Salzkristallen lagerten sich Wassertröpfchen aus der Luft an: künstliche Wolken entstünden. Diese könnten dann den Planeten abkühlen – erstens mit ihrem Schatten, der auf die Erde fällt. Zweitens dank ihrer Helligkeit. Denn alles, was hell und weiß ist, wirft das Sonnenlicht ähnlich wie ein Spiegel zurück in den Weltraum. Die Gefahr dabei: künstlichen Wolken könnten das Wetter auf der Erde durcheinanderbringen.

Künstliche Bäume

Bäume binden wie Algen Kohlendioxid und sind deshalb wichtige Helfer im Kampf gegen den Klimawandel. Ein normaler Baum kann aber nur etwa 60 bis 100 Gramm CO2 pro Tag aufnehmen. Britische Forscher wollen deshalb überall auf der Welt künstliche Bäume aufstellen, die: jeden Tag zehn Tonnen CO2 aufnehmen! Mit echten Pflanzen haben sie aber nicht viel gemeinsam. Es sind riesigen Filter, die voller Chemikalien stecken, die das Kohlendioxid aus der Luft an sich binden. Das Gas würde dann unterirdisch gelagert, zum Beispiel in stillgelegten Bergbaustollen. Allein um die Menge an Klimagasen aufzufangen, die der Autoverkehr in Großbritannien erzeugt, müssten etwa 100.000 solcher Filteranlagen aufgestellt werden!

Mit künstlichen Bäumen für eine bessere Luft in der Stadt: Ein Unternehmen in Mexiko hat ein Gerät konstruiert, das mit Hilfe von Mikroalgen die Luft von Kohlendioxid und Schadstoffen befreit. Nach Angaben von BiomiTech kann ein einziger dieser künstlichen Bäume die Arbeit von 368 echten Bäumen ersetzen. FOTO: BiomiTech

Ein Kunststoffspiegel gegen Sonnenstrahlen

Ein gigantischer Kunststoffspiegel, der im All schwebt und Sonnenstrahlen zurückreflektiert? Dass klingt nach Science-Fiction! Die Regierung der USA hat aber schon ernsthaft über die Machbarkeit dieses Projekts nachgedacht und sogar die Kosten durchgerechnet. Der verrückte Plan könnte tatsächlich funktionieren! Allerdings würde er mehrere Billionen Euro kosten. Der Spiegel bestünde aus lauter kleinen Kunststoffscheibchen – etwa 16 Billionen Stück! Diese würden als 100.000 Kilometer langer Teppich zwischen Sonne und Erde schweben und einen Teil der Sonneneinstrahlung reflektieren.

Fazit: Es kann sich lohnen, für den Klimaschutz innovative Verfahren umzusetzen und viel Geld auszugeben. Aber kein Weg führt daran vorbei immer weniger CO2 freizusetzen, damit die Zahl der verheerenden Naturkatastrophen nicht weiter steigt und Millionen von Menschen bedroht.

TEXT Hans-Werner Mayer, Quelle: Geo Wissen