JEDER MÖCHTE ALT WERDEN, DOCH KEINER ALT SEIN.

FOTO Ryan Stefan

Mut ist der Treibstoff des Lebens – und des Lebensabends

Alle Welt spricht vom demografischen Wandel. Leider wird das Thema häufig nur in Form von Horrorszenarien behandelt. Es herrscht die Angst, dass unser Wohlstand und unsere Renten nicht mehr sicher seien, weil es in Deutschland zu wenig Nachwuchs gäbe. Aber es gibt auch viele Stimmen, die sagen, dass der demografische Wandel eine Chance sei. Allerdings nur dann, wenn er als Chance begriffen und dementsprechend gestaltet wird.

Die Zeit nach 55 – das spüren offenbar immer mehr Junggebliebene – könnte die Zeit wiedergewonnener Freiheit werden. Es ist die Phase das großen Erwachens: Mensch, da geht ja doch noch was! Schon heute wirken viele 60-Jährige jünger als die 50-Jährigen in der Generation vor ihnen. Tatsächlich bleiben die Menschen körperlich viel länger fit und leistungsfähig – ein Geschenk des medizinischen Fortschritts, der besseren Ernährung und des bewussteren, gesünderen Lebensstils. Die über 60-Jährigen sind vitaler, aktiver und engagierter denn je. Sie wagen noch den beruflichen Neustart und sitzen in den Hörsälen der Universitäten. Anspruchsvoll, aktiv, selbstbewusst und mit Interessen, die weit über die entsprechenden Klischeevorstellungen wie Gesundheitsartikel oder klassische Literatur hinausgehen. Die Zukunft gehört den Best Agern, das hat die Demografie bereits unmissverständlich klargemacht.

Jeder, der es schafft, glücklich zu altern, hat meist auch keine Probleme damit, alt zu sein. Doch ein Jungbrunnen existiert nicht, alt zu werden ist nach wie vor für viele Menschen eine zwiespältige Perspektive

ARME RENTNER, REICHE RENTNER: DIE GROSSE KLUFT

Wie in der Gesamtbevölkerung ist die Einkommensschere zwischen Reich und Arm auch bei den Senioren weit geöffnet. Es gibt Rentner, die drehen jeden Cent zweimal um und stehen vielleicht sogar bei den Tafeln an. Besonders Frauen sind durch Altersarmut gefährdet, da sie auch ihr ganzes Berufsleben lang weniger verdienen als Männer. Sie waren und sind es noch immer, die für die Kindererziehung und oft auch für die Pflege der Eltern Abstriche bei der Karriere machen. Doch den meisten Senioren von heute geht es besser denn je – und womöglich besser, als es Senioren je wieder gehen wird? Dass viele Ältere jeden Monat über mehr Geld verfügen, als ihnen die Rentenkasse überweist, verdanken sie ihrer privaten Vorsorge. Wer es sich leisten konnte, hat auf vielfältige Weise für den Ruhestand vorgesorgt. Jeder 65- bis 74-Jährige hat im Durchschnitt 136.000 Euro gespart, berechnete das Institut der Deutschen Wirtschaft. So sind die Senioren heute kaufkräftig, konsumfreudig und qualitätsbewusst und bergen somit für die unterschiedlichsten Branchen wichtiges Verkaufspotenzial, denn ihr Anteil in der Bevölkerung wird in Zukunft bekanntermaßen stetig ansteigen.

WIE ALT SIND DIE BEST AGER WIRKLICH ?

Wann sich ein Mensch »in seinen besten Jahren« befindet, hängt größtenteils von seinem subjektiven Empfinden und auch von seinem konkreten individuellen Verhalten ab. Noch vor einigen Jahren befand man sich im Alter von 60 Jahren im Herbst des Lebens, heute sehen viele in diesem Alter ihren zweiten Frühling erwachen, in dem sie endlich ihre langgehegten Wünsche erfüllen und sich Erlebnisse verschaffen können, für die sie vorher keine Zeit und⁄oder nicht die ausreichenden finanziellen Mittel hatten. Einerseits gibt es die Hoffnung, ein Lebenswerk zu vollenden, die Enkel aufwachsen zu sehen, im Ruhestand lange zurückgestellte Interessen zu verwirklichen oder einfach, so lange wie möglich das Leben zu genießen. Andererseits treibt die meisten Alternden die Furcht vor Krankheit und Behinderung um, vor nachlassender Attraktivität und Geisteskraft. Aber älter oder alt werden bedeutet nicht Resignation und Selbstaufgabe, sondern Freude auf spannende Jahre. Sie sind interessant und stecken voller Überraschungen. Man muss den Willen haben, Schönes und Positives zu erkennen. Altwerden ist die vierte Jahreszeit des Lebens.

Zehn goldene Regeln für den Ruhestand

1. Zur Ruhe kommen

Auch wer aktiv bleiben möchte, sollte erst einmal eine Zäsur machen und Abstand gewinnen. Stürzen Sie sich nicht gleich in neue Projekte! Wer eine Pause einlegt und sich Zeit gibt, schöpft neue Kraft und erkennt klarer, was er sich für die Zukunft wünscht.

2. Pläne schmieden 

Schreiben Sie auf einem großen Bogen Papier einfach drauflos, was Sie gern in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren machen oder erleben möchten. Dann notieren Sie dahinter, was der Verwirklichung (vermeintlich) im Weg steht. Sind die Widerstände tatsächlich so unüberwindbar, wie Sie glauben?

3. Stärken und Schwächen 

sehen Sie können mehr, als Sie sich zunächst zutrauen! Träume zu verwirklichen mobilisiert ungeahnte Energien. Aber setzen Sie sich nicht unter Leistungsdruck. Sie müssen nicht alles auf einmal schaffen, und Sie müssen auch keine sportlichen Rekorde aufstellen. Die Stressjahre sind vorbei!

4. Aktiv bleiben

 Wollen Sie weiterarbeiten? Müssen Sie es aus finanzieller Sicht sogar? Möchten Sie beruflich neu durchstarten, sich einen Traum erfüllen? Prüfen Sie in jedem Fall, ob Sie alle Voraussetzungen erfüllen und welche Zulassung, Erlaubnis oder Meldepflicht für die neue Aufgabe Bedingung ist. –

Zu Hause auf dem Sofa sitzen ? Dafür ist die neu gewonnene Freiheit viel zu schade! Mit diesen Ideen wird die Zeit nach 60 erlebnisreich und erfüllend – und zur Chance, Träume zu verwirklichen.

5. Aktiver werden 

Auch Hobbys, Reisen und Fremdsprachen halten geistig beweglich – das belegen Studien. Genau wie körperliche Bewegung: Tanzen, Wandern, Radfahren – jetzt haben Sie Zeit dafür !

6. Ehrenamtlich wirken 

Sie können noch sehr viel bewegen, wenn Sie sich sozial engagieren! Tipps dazu erteilen Bürgerstiftungen, Caritas und Diakonie.

7. Finanzen prüfen 

Reichen Rente und Erspartes für Ihre Pläne und ein gutes Leben im Alter? Lassen Sie sich beraten, holen Sie mehrere Meinungen ein.

8. Beziehungen pflegen 

Nutzen Sie den neuen Freiraum, um alte Freunde zu treffen, neue zu finden – und die Nähe zum Partner neu zu entdecken.

9. Ballast abwerfen

 Entrümpeln macht den Kopf frei. Haken Sie Pflichten ab (z. B. Pflegeverfügung, Testament).

10. Zeit für sich nutzen 

Vergessen Sie nie: In Job und Familie waren Sie lange für andere eingespannt. Jetzt sind Sie dran !

QUELLE: www.50plus-treff.de

TEXT Hans-Werner Mayer