Ich. Max Liebermann

Max Liebermann, Selbstbildnis mit Pinsel, Detail, 1913, Öl auf Leinwand (Kunstpalast Düsseldorf, Horst Kolberg)

Ein großer europäischer Künstler

Das Hessische Landesmuseum Darmstadt präsentiert bis zum 9. Januar 2022 ganz besondere Schätze aus dem vielfältigen Werk des Künstlers Max Liebermann, die nie zuvor in dieser Fülle und Exklusivität zusammen gezeigt wurden.
Was die Ausstellung darüber hinaus so kostbar macht, ist nicht bloß die Vielzahl der gezeigten Werke, sondern die hohe Qualität seiner Malkunst, die sich in den Exponaten manifestiert. Als treibende Kraft der deutschen Malerei des 19. Jahrhunderts war Max Liebermann mit ganz Europa vernetzt und galt als verbindendes Glied, der die deutsche mit der französischen und holländischen Kunst auf eindrucksvollem Wege zusammenbrachte.
Die Ausstellung thematisiert Liebermanns Auseinandersetzung mit seinen Vorbildern, zu denen unter anderem Jean-François Millet, Rembrandt van Rijn und Frans Hals gehören, und ermöglicht eine direkte Gegenüberstellung zu ihnen. Obschon Liebermann den französischen Impressionismus mit seiner Farbzerlegung genau kannte, entschied er sich schon früh für einen Sonderweg:

Das Gemälde ist eines von vielen Publikumshighlights der großen Schau, teilte Kurator Martin Faass mit. Papageienmann im Amsterdamer Zoo, 1902, WIKIMEDIA

Der 1847 in Berlin geborene Liebermann hat den Realismus beeinflusst, den deutschen Impressionismus geprägt und die deutsche Kunst maßgeblich bestimmt. Aber wer war er wirklich? Wie wurde aus dem streng erzogenen Sohn einer großbürgerlichen Familie der Maler des einfachen bäuerlichen Lebens, als stünde ihm sonst nichts näher? Wie wurde aus dem angefeindeten Realisten schließlich der Meister des deutschen Impressionismus und damit einer der bedeutendsten Akteure der deutschen Kunst? Max Liebermann war ein Erneuerer der Malerei und er malte kompromisslos das, was er als Forderung der Kunst seiner Zeit verstand.
Durch die Beschäftigung mit den französischen Impressionisten fand er seit 1880 zu einer lichten Farbigkeit und einem schwungvollen Farbauftrag, der sein Hauptwerk prägt. Sein Schaffen steht symbolisch für den Übergang von der Kunst des 19. Jahrhunderts hin zur Klassischen Moderne zur Zeit des Wilhelminismus und der Weimarer Republik. Von 1920 bis 1932 war er Präsident, dann Ehrenpräsident der Preußischen Akademie der Künste. Als Jude wurde Liebermann von den Nationalsozialisten Arbeitsverbot erteilt. Da die Sektion für Bildende Kunst der Preußischen Akademie der Künste beschloss, keine Werke jüdischer Künstler mehr auszustellen, erklärte Liebermann öffentlich seinen Austritt aus der Akademie. Seine letzten beiden Lebensjahre verbrachte er zurückgezogen in seiner Heimatstadt Berlin.

Sein Tod im Februar 1935 wurde offiziell mit Stillschweigen übergangen und nur wenige Menschen wohnten der Trauerfeier bei. Seine Kunst wurde durch das NS-Regime als „entartet“ gebrandmarkt, die Tochter Käthe musste mit ihrer Familie ins Ausland flüchten. Seine Frau Martha Liebermann jedoch blieb in Berlin zurück und entzog sich durch Freitod 1943 der unmittelbar bevorstehenden Deportation.
Nach dem zweiten Weltkrieg blieb Max Liebermann als Repräsentant einer vergangenen Zeit lange vergessen. Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts begann sich ein breiteres Interesse zu regen. Die 1995 gegründete Max-Liebermann-Gesellschaft setzt sich zum Ziel, in seiner Villa am Wannsee an das Wirken und die Welt dieses großen Künstlers zu erinnern. 2006 konnte das Haus als Museum eröffnet werden, seither erfreut es sich als Ort des Andenkens an diese außergewöhnliche Persönlichkeit und als eine Stätte der Versöhnung mit der deutschen Vergangenheit großer Beliebtheit.

Weitere Informationen: www.hlmd.de

TEXT: Hans-Werner Mayer