
Bedingungsloses Grundeinkommen — Pro und Contra
Das Grundeinkommen ist keine ganz neue Idee. Bereits seit einigen Jahrzehnten wird darüber diskutiert. Grundsätzlich sieht ein Grundeinkommen vor, jedem Bürger eines Landes durch ein garantiertes monatliches Einkommen ein würdevolles Existenzminimum zu ermöglichen. Ohne Bedarfsprüfung wird ein Betrag festgelegt, der für alle gleich ist.
Die Diskussion über das Grundeinkommen wird in Zeiten der Corona-Krise durch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen erneut entfacht. Was passiert, wenn sich die Arbeitswelt weiterhin so rasant verändert und zahlreiche Arbeitsplätze bald durch Computer oder Roboter abgelöst werden? Was passiert, wenn es nur noch wenige Arbeitsplätze überhaupt gibt? Wie sieht die Gesellschaft der Zukunft aus? Das bedingungslose Grundeinkommen kann eine Antwort auf diese Fragen sein. Die Höhe des bedingungslosen Grundeinkommens soll dabei in etwa so hoch sein wie der aktuelle Sozialhilfesatz plus Wohnkostenzuschuss. Im Kern geht es um ein neues Sozialsystem. Die Idee findet bei Verbänden und Parteien teilweise Anklang, steht aber auch in der Kritik. Doch was spricht dafür und was dagegen? Ein Überblick:
PRO-ARGUMENTE
Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre gut, weil ...
- es die gesellschaftlichen Folgen des industriellen Wandels auffangen könnte.
- es weniger bürokratisch wäre als das bestehende Renten- und Sozialsystem.
- es gerechter wäre als das bisherige Sozialsystem.
- es Arbeitnehmern mehr Sicherheit geben und Selbstverwirklichung ermöglichen würde.
- Arbeitssuchende zu schlecht bezahlte Jobs im Niedriglohnsektor ablehnen könnten.
- der Arbeitsmarkt flexibler würde.
CONTRA-ARGUMENTE
Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre schlecht, weil ...
- es im Bundeshaushalt kaum zu bezahlen wäre.
- die Auswirkungen auf das Rentensystem und die sozialen Sicherungssysteme spekulativ sind.
- durch die Finanzierung über die Mehrwertsteuer die Kaufkraft sinken würde.
- eine Finanzierung über die Vermögenssteuer oder die Einkommenssteuer nicht ausreichen würde und ungerecht wäre.
- es fraglich ist, inwiefern sich das Grundeinkommen auf die sozialen Sicherungssysteme und das Sozialsystem auswirken würde.
- Eine Finanzierung über die Einkommenssteuer oder die Vermögenssteuer nicht ausreichen würde.
FAZIT
Ein bedingungsloses Grundeinkommen bleibt möglicherweise für immer eine Utopie. Zumindest gibt es zum aktuellen Zeitpunkt noch keine genaue Ausgestaltung, wie es tatsächlich aussehen und finanziert werden könnte. Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist noch nicht praxistauglich, weil Modellversuche oft wenig verlässliche Daten liefern, denn sie sind zeitlich begrenzt, was das Verhalten der Testpersonen beeinflusst. Während die meisten Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände die Idee ablehnen, streiten sich Befürworter – neoliberale Wirtschaftswissenschaftler und führende Politiker der Linken – um die Ausgestaltung. Sie halten ein bedingungsloses Grundeinkommen für eine humanistische Antwort auf den technologischen Fortschritt. Es schafft einen Ausgleich zur einseitigen Überbetonung der Erwerbsarbeit und verbindet Arbeit und Leben.
TEXT Hans-Werner Mayer

IST EIN GRUNDEINKOMMEN FINANZIERBAR?
Ob ein Grundeinkommen finanzierbar ist, hängt von der Höhe des Betrags ab. Für ein Grundeinkommen in Höhe von 1.000 € im Monat ist bei 80 Millionen Einwohnern der Bundesrepublik Deutschland eine Summe von einer Billion Euro pro Jahr nötig. Länder, Landkreise und Gemeinden zusammen, bringen bereits heute eine Summe von fast 900 Milliarden Euro pro Jahr für Sozialleistungen auf.
Zur Finanzierung gibt es viele Modelle. Das populärste ist das des Drogerie-Unternehmers Götz Werner. Er schlägt ein monatliches bedingungsloses Grundeinkommen in Höhe von 1.000 Euro für jeden Bürger vor – und zwar auch völlig unabhängig vom Einkommen. Das Geld soll also der Arbeitslose ebenso erhalten wie der Millionär. Im Gegenzug sollen sämtliche bisherigen Sozialleistungen abgeschafft werden. Diese Summe lässt sich jedoch nicht einfach für das Grundeinkommen verwenden, weil es bereits fest verplant ist. Für Pensionäre, Arbeitslose oder Krankenhäuser.
Trotzdem würde diese Maßnahme dem Staat durch die Abschaffung des kompletten Verwaltungsapparates viele Milliarden Euro jährlich einsparen. Aber Werner geht noch weiter: Auch sämtliche Steuern will er abschaffen – bis auf eine: Die Mehrwertsteuer. Diese soll auf 50 Prozent ansteigen. Jeder könnte also über den Konsum seine Steuerlast weitgehend selbst steuern. Damit ginge ein weiterer Vorteil einher: Steuerhinterziehung wäre nicht mehr möglich. Die tatsächliche Steuerlast für Unternehmen würde allerdings gegen Null sinken, was Kritiker des Konzeptes monieren.