
Die SINUS-Jugendstudien untersuchen alle vier Jahre die Lebenswelten 14- bis 17-jähriger Teenager in Deutschland. Das Fazit der neuen Studie 2020: Die junge Generation ist ernster geworden – ernsthafter einerseits, besorgter andererseits.
Das betrifft den Umgang mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie und mehr noch die für sie offensichtliche Bedrohung durch die globale Klimakrise. Bei beiden Themen und im Allgemeinen fühlt sich die junge Generation nicht ernst genommen und repräsentiert. Der Zukunftsoptimismus der Jugendlichen ist gedämpft, insbesondere in den bildungsfernen Lebenswelten.
Zu wenig politische Repräsentation
Viele Teenager fühlen sich von der Politik weder gehört noch ernst genommen. Sie beklagen die fehlende Teilhabe der jungen Generation an politischen Entscheidungsprozessen und die mangelnde Repräsentation im politischen Raum. Aus der Sicht der Jugend- wird Politik in erster Linie von „alten weißen Männern“ dominiert und geprägt.
Längst haben Jugendliche die Lösung der Klimakrise als zentrale Frage der Generationengerechtigkeit für sich identifiziert und bringen in den Demonstrationen ihre Ohnmacht und Empörung („Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“) zum Ausdruck. Der jugendliche Zeitgeist ist grün und bewahrend (das heißt konservativ im ursprünglichen Sinne). Die Klimakrise wird aus jugendlicher Perspektive von den Verantwortlichen in der Politik, der Wirtschaft und der älteren Generation nicht ernst genommen; mögliche Problemlösungen werden verschleppt oder sogar hintertrieben.
Solidarität mit anderen spielt auch in der Corona-Krise eine zentrale Rolle. Denn die befragten Jugendlichen haben zwar wenig Angst davor, sich selbst mit dem Virus zu infizieren, befürchten aber, andere Menschen anzustecken. Die meisten sehen es als ihre soziale und gesundheitliche Verantwortung, die Krise ernst zu nehmen und sich um ihre Mit- menschen zu sorgen. Die Einschränkungen der persönlichen Freiheit und das reduzierte Freizeitangebot nerven zwar viele Jugendliche, sie erkennen jedoch die Notwendigkeit, sich damit zu arrangieren. Die meisten schätzen die Auswirkungen der Pandemie auf ihr persönliches Leben bisher als nicht sonderlich schwerwiegend ein.
Der Politik stellen die Jugendlichen in der Krise ein gutes Zeugnis aus. Sie vertrauen den Akteuren und sehen die veranlassten Maßnahmen als nachvollziehbar und verhältnismäßig an. Kritisiert wird allerdings die nach Meinung der Jugendlichen verfrühte Wiedereröffnung der Schulen und dass die Chance verpasst wurde, in dieser Debatte das Vertrauen der Jugend zu gewinnen, indem man sie hätte zu Wort kommen lassen.
Viele Befragte beklagen eine „Jeder-für-sich“-Mentalität und den fehlenden Zusammenhalt in der Gesellschaft. Sie haben Angst vor zunehmender Polarisierung, Hass und Aggression – die insbesondere bildungsferne Jugendliche in ihren Lebenswelten oft erleben. In der Mehrzahl der jugendlichen Lebenswelten sind heute gute, abgesicherte Lebensverhältnisse wichtiger als Status, Erfolg und Aufstieg. Ein dominanter Zukunftswunsch vieler Jugendlicher ist es, in der Mitte der Gesellschaft anzukommen, materielle Wünsche und Ziele werden relativiert.
Die Berufswünsche der befragten Jugendlichen sind eher bodenständig und realistisch. Freude an der Arbeit, Selbstverwirklichung, ein abwechslungsreicher Arbeitsalltag sowie ein positives Arbeitsumfeld haben bei jungen Menschen hohe Priorität. Sie streben nach einer guten Work-Life-Balance mit ausreichend Zeit für ihren Freundeskreis und ihre Familie.
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TEXT Hans-Werner Mayer
