»EINE MEINER »HEIMATEN« IST NATÜRLICH DARMSTADT«

Helmut Markwort, der Gründer des Magazins »Focus« hat es für die Liberalen in den bayerischen Landtag geschafft: Mit 81 Jahren wurde er Alterspräsident und leitete die erste Sitzung des frisch gewählten Parlaments. Der Mann mit vielen Talenten und Leidenschaften beantwortete unsere Fragen zu seiner Beziehung zu Darmstadt und über seine vielen Interessen und Pläne.

MM: Sie wurden 1936 in Darmstadt geboren und haben bis heute ein Faible für unsere Stadt. Haben Sie noch Erinnerungen an Ihre Kindheit, bevor Sie mit Ihren Eltern nach Oberfranken gingen?

Helmut Markwort: Nach meiner Geburt ist meine Familie aus Schutz wegen der Bombenangriffe nach Oberfranken gezogen, aber 1948 sind wir zurückgekommen, und ich habe in Darmstadt prägende Jahre erlebt. Ich denke voller Nachfreude an sieben Jahre am Ludwig-Georgs-Gymnasium bis zum Abitur als Jüngster der Klasse und mehrere Jahre an der Tanzschule Bäulke. Ich habe an der Schülerzeitung mitgearbeitet, war Statist am damaligen Landestheater in der Orangerie. Dort konnte ich den genialen Intendanten und Regisseur Gustav Rudolf Sellner bei der Arbeit beobachten. Noch während der Schulzeit habe ich für das Darmstädter Tagblatt geschrieben, wo ich zwei Tage nach dem Abitur als Volontär angefangen habe. Die freundlichen Kollegen ließen mich über alles schreiben: Stadtreportagen, Glossen, Rathauspolitik und über den SV DA98.

MM: Mehrfach haben Sie im Datterich mitgespielt. Gibt es ein Lieblingszitat vom Darmstädter Original?

Helmut Markwort: Ja, ich zitiere gerne: „ So e Mensch ist kah Gäjestand for mein Zorn.“

MM: Neben Ihren Rollen im Datterich standen Sie auch schon im »Jedermann« und bei »The King’s Speech« auf der Bühne. Wären Sie eigentlich gerne Schauspieler geworden?

Helmut Markwort: Journalist ist der vielseitigste Beruf der Welt. Die Schauspielerei ist ein schönes Hobby. Ab 8. Januar spiele und singe ich im berühmten Mainzer Unterhaus mit Margit Sponheimer und Gunther Emmerlich in einem Musical über Johannes Gutenberg.

MM: Der Begriff Heimat wird heute oft missbraucht. Gibt es einen bestimmten Ort, der für Sie Heimat bedeutet?

Helmut Markwort: Ich halte es mit Michael Mittermeier, der den Plural „Heimaten“ erfunden hat. Eine meiner Heimaten ist natürlich Darmstadt.

MM: Sie haben als Alterspräsident den Bayrischen Landtag eröffnet. Wenn Sie in Ihrem Alter noch eine politische Karriere beginnen, haben Sie gewiss ein besonderes Anliegen oder vielleicht sogar eine Vision. Lassen Sie unsere Leser daran teilhaben?

Helmut Markwort: Als ich Alterspräsident im Bayerischen Landtag wurde, hat mir mein Kon-Abiturient Dr. Günter Bauer geschrieben, dass ich nach dem Grafen Hertling der zweite Absolvent des LGGs sei, der in Bayern mit einem so hochrangigen Mandat betraut wurde. Der Darmstädter Freiherr Georg Hertling, seit 1914 Graf, war ein Politiker und Philosoph, der 1912 königlich bayerischer Ministerpräsident wurde. 1918 wurde er Reichskanzler und war damit zugleich automatisch preußischer Ministerpräsident, eine Kombination, die außer ihm kein deutscher Politiker je zustande gebracht hat. Ich selber bin auf Bitten der FDP eingesprungen, weil ein bereits nominierter Kandidat zur CSU übergelaufen war. Nach 50 Jahren Mitgliedschaft bei den Freien Demokraten wollte ich helfen und bin tatsächlich von Platz sechzehn auf Platz zwei vorgewählt worden. Jetzt sitze ich im Landtag und versuche die Probleme zu lösen, die ich von außen immer kritisiert habe.

MM: Sie waren im Aufsichtsrat bei Bayern München und haben auch ein Herz für die Lilien. Was haben Sie gefühlt, als die beiden Vereine in der Bundesliga viermal in Punktspielen gegeneinander antraten?

Helmut Markwort: Jedes Aufeinandertreffen hat mir das Herz zerrissen. Ich war immer für diejenige Mannschaft, die Punkte gerade am nötigsten gebraucht hat.

MM: Als Journalist und Herausgeber haben Sie eine ganze Palette von Medien verantwortet. Was hat Ihnen dabei am meisten Spaß bereitet und was waren Ihre größten Flops?

Helmut Markwort: Die Erfindung des Nachrichtenmagazins FOCUS war sicher die spektakulärste Leistung, aber auch auf die Mitgründung von erfolgreichen Radiosendern wie Antenne Bayern, FFH und Radio Gong bin ich stolz. Missglückt ist mir das Klassikradio Belcanto.

MM: Gibt es ein Buch oder ein Bühnenstück, das Sie so geprägt hat, dass Sie es heute jungen Menschen empfehlen können?

Helmut Markwort: Ich liebe den Don Carlos von Schiller und empfehle als Einstiegsköder für Thomas Mann »Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull«. Dieser Roman ist Sprachkunst und Unterhaltung zugleich.

MM: Sie sind auch in den neuen Medien, beim Radio und Fernsehsendern engagiert. Glauben Sie eigentlich noch an die Zukunft von Zeitungen und Zeitschriften?

Helmut Markwort: Ich lese jeden Morgen vier bis fünf Tageszeitungen und glaube weiterhin fest an ihre Zukunft.

MM: Wenn es möglich wäre, welche lebenden oder verstorbenen Menschen würden Sie gerne zu einer Talkshow einladen?

Helmut Markwort: Ich würde gerne mit Giacomo Casanova über seine Erfahrungen mit Frauen reden und möchte von Judas Ischariot erfahren, was ihn wirklich zu seinem Verrat an Jesus von Nazareth getrieben hat.

Die Fragen stellte Hans-W. Mayer.