DIE WELT IN DREI WORTEN

Mit den Drei-WörterAdressen werden Firmenzentralen in San Francisco ebenso leicht gefunden wie Ladestationen in Mailand oder Häuser in der Mongolei. ALLE FOTOS: WHAT3WORDS Alexander Kozlovskii

Einfacher zu merken als GPS-Koordinaten

Vergessen Sie GPS-Koordinaten und lange Adressen: Das britische Unternehmen »What3words« hat die Welt in ein Raster aus 57 Milliarden neun Quadratmeter großen Quadraten aufgeteilt und jedem dieser Quadrate wurde eine eindeutige Drei-Wörter-Adresse zugeordnet. Sie reichen aus, um jeden Ort der Welt zu lokalisieren.

Beispielsweise bezieht sich die Drei-Wörter-Adresse „andacht.schwarzes.scharf“ auf den Eingang des Hauses des Autors dieses Artikels. Eine solche Adresse aus drei Wörtern gibt sie in acht verschiedenen Sprachen: Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch, Deutsch, Portugiesisch, Schwedisch, Türkisch und Swahili. Abgefragt werden können sie auf der Internetseite: https://map.what3words.com

Was skurril klingt, wird den Menschen in der ganzen Welt bald ihren Alltag erleichtern. Bisher gibt es nur GPS-Koordinaten für jeden Winkel der Erde. Aber wer kann sich z. B. „52.520437, 13.369281“ merken, die Koordinaten des Bundeskanzleramts in Berlin? Die Idee von »What3Words« ist es, diese Koordinaten zu übersetzen, und zwar in Kombinationen von jeweils drei willkürlichen Wörtern. Frau Merkels Anschrift lautet übrigens „antworten.selten.adresse“. Ein Brief an das Bundeskanzleramt kommt auch heute schon ohne
Probleme an. Doch die UN schätzt, dass vier Milliarden Menschen keine verlässliche Möglichkeit haben, den Standort ihrer Wohnung anzugeben. Dadurch haben sie Schwierigkeiten, Bankkonten zu eröffnen, Geburten zu registrieren oder auf die Strom- bzw. Wasserversorgung zuzugreifen. Ohne die Fähigkeit, ihren Wohnort mitzuteilen, werden diese Menschen für den Staat unsichtbar.

Auch die weltweit vorhandenen Adresssysteme eignen sich nicht für alle Alltagsbedürfnisse. Adressen können so unpräzise oder uneindeutig sein, dass Lieferungen fehlgeleitet werden und Hilfe nicht ankommt. Und es gibt weltweit viele Gebiete, in denen es einfach kein Adresssystem gibt. 75 Prozent der Weltbevölkerung leiden darunter, dass sie ein schlechtes oder gar kein Adresssystem haben. Vom Park, in dem man sich mit Freunden treffen möchte, bis einem präzisen Ort, an dem Sie auf Ihr Taxi warten.

Mit dem What3Words-System können Standorte auf präzise und unglaublich einfache Art und Weise kommuniziert werden. Das bedeutet, dass es jetzt für jede Person und für jeden Ort weltweit eine Adresse gibt. Ab dem 1. August führt die mongolische Post das Drei-Wörter-System ein und hofft damit, die Bevölkerung besser erreichen zu können. Die
Mongolei zählt nämlich nicht nur zu den am dünnsten besiedelten Orten der Welt. Selbst in der Hauptstadt Ulaanbaatar haben nicht alle Straßen einen Namen. In den ländlichen Gegenden leben die nomadischen Völker gänzlich ohne festen Wohnsitz. Sie zu erreichen, ist für die Post eine logistische Herausforderung, teilweise fast unmöglich.

Auch Mercedes Benz hat what3words erfolgreich in sein Infotainment-System der nächsten Generation integriert, das nächstes Jahr eingeführt wird. Die Fahrer werden in der Lage sein, drei Wörter einzutippen oder zu sprechen und damit überall auf der Welt einen genauen Zielort anzugeben. Deshalb können sich die Fahrer genau zu einem bestimmten Eingang oder Parkplatz navigieren lassen. Das System deckt darüber hinaus die ganze Welt ab und damit können die Fahrer die vielen städtischen und ländlichen Destinationen ansteuern, für die es keine festen Adressen gibt. Möglich macht das eine neue Form der Geocodierung. Chris Sheldrick hat mit Hilfe seiner Freunde, Jack Waley-Cohen und Mohan Ganesalingam, dafür die Kern-Algorithmen entwickelt, die erste Wörterliste aufgebaut und die App sowie die Website erstellt. Die drei haben »what3words« im Jahr 2013 gemeinsam gegründet und sind noch immer eine treibende Kraft im Unternehmen.

TEXT Hans-Werner Mayer