DARMSTADTS Partnerstädte – Teil 3

©tom-grimbert

Brücken nach Europa

Wenn die Völker einander kennenlernen, hat der Hass keine Chance. Das waren die Überlegungen, die 1958 in Darmstadt zu den ersten Städteverschwisterungen führten. Für die vielfältigen Aktivitäten in Sachen Städtefreundschaften erhielt Darmstadt bereits 1964 die
Europafahne und im Jahr 1975 sogar den Europapreis des Europa- rates in Straßburg.

Im Darmstädter Stadtbild sind die 15 Schwesterstädte ständig präsent: Sie begegnen uns in Straßennamen, als Namensgeber unserer Straßenbahnen, auf Tafeln an den Ortseingängen oder auf Bronze-Flachreliefs in der oberen Rheinstraße. Durch die Fest- woche »Europa in Darmstadt – Dialog der Städte« im Juni endeckten viele Darmstädter ihre Partnerstädte wieder neu. Wir greifen diese Idee auf und stellen in dieser und den kommenden Ausgaben unsere Darmstädter Partnerstädte vor, um Sie vielleicht zu einer Städtereise anzuregen. Fremde Kulturen und interessante Menschen kennen- zulernen ist schließlich das Ziel der »Jumelage«.

 

Gstaad pressegroup FOTO Raphael Faux

SAANEN-GSTAAD > SCHWEIZ > PARTNERSTADT SEIT 1991

Das Saanenland liegt im westlichen Zipfel des Berner Oberlands. Im Jahre 1575 wurde es durch eine Feuersbrunst fast vollständig zerstört. Aus der Zeit des Wiederaufbaus stammen einige der schönen alten Häuser und Chalets. Noch heute gilt das strenge Baureglement, das nur Holzbauten und -verkleidungen vorsieht. Saanen ist als Denkmal von nationaler Bedeutung eingestuft. Zur Gemeinde Saanen gehören neun Ortschaften sowie der bekannteste, der weltberühmte autofreie Ferienort Gstaad. Spätestens mit dem Bau der Eisenbahn von Montreux nach Zweisimmen im Jahre 1905 blühte das Saanenland auf und avancierte zum touristischen Zentrum. Eine führende Rolle spielte das jahrelang einzige Luxushotel in der Region, das Gstaad-Palace, das nach seiner Eröffnung im Jahr 1913 zum Hauptziel großer Berühmtheiten wurde.

Rund 7.500 Einheimische leben in der Gemeinde und der heutige Wohlstand liegt in der hervorragenden Vernetzung der vier volkswirtschaftlichen Pfeiler Landwirtschaft, Gewerbe, Dienstleistungen und Tourismus begründet. Die etwa 250 Betriebe stellen heute noch vor allem Milch und Käse her. Im Sommer wird die Milch auf den Alpen von den Sennen zu Käse verarbeitet, der so genannte Saaner Hobelkäse, der es mittlerweile zu Weltruf gebracht hat und in letzter Zeit regelmäßig zum besten Käse Europas seiner Klasse gekürt wurde.

Im Winter bietet das Saanenland seinen Gästen ein fantastisches und abwechslungsreiches Angebot an Bergbahnen und Skipisten. Im Sommer lässt sich die grandiose Berglandschaft mit über 300 Kilometer Fuß-, Spazier-, Wander- und Bergwegen erwandern und entdecken. Bekannt ist während der Monate Juli/August das Menuhin-Festival für klassische Musik. Der weltberühmte Violinist Yehudi Menuhin ist Ehrenbürger von Saanen und nutzte seine Liebe zum Saanenland, sein Können, seine Liebe zur Musik und die hervorragende Akustik in der Mauritiuskirche von Saanen und präsentierte dies zu seinem Musikfestival, das im Jahr 1956 zum ersten Mal stattfand.

Von Darmstadt nach Gstaad sind es 472 Kilometer. Über die A5 und die E25 fährt man
ca. fünf Stunden über Basel und Bern. Weitere Infos: www.gstaad.ch

USHGOROD > UKRAINE > PARTNERSTADT SEIT 1992

Usgorod Schloss FOTO Wikimedia

Ushgorod liegt im Westen der Ukraine unmittelbar an der Grenze zur Slowakei, im Vorgebirge der Karpaten. Ihren Namen erhielt die Stadt wahrscheinlich von dem Fluss Ush, der im Gebirge entspringt und sich im schmalen Tal gleich einer Natter dahinschlängelt (Ush heißt auf deutsch Natter). Mit ihrer 1.100-jährigen Geschichte ist Ushgorod eine der ältesten Städte der Ukraine. Im 10. und 11. Jahrhundert gehörte sie zum Kiewer Reich, geriet aber seit Ende des 11. Jahrhunderts unter ungarische Herrschaft. Nach dem 1. Weltkrieg kam die Stadt zur Tschechoslowakei und nach dem 2. Weltkrieg zur Ukraine. Heute ist sie das Verwaltungs-, Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturzentrum Transkarpatiens. Das Gebiet grenzt an Polen, die Slowakei, Ungarn und Rumänien und im Stadtbild ist der Einfluss Österreich-Ungarns unverkennbar. Dank der Besonderheit seiner geographischen Lage gilt Transkarpatien als eine Brücke zwischen Ost- und West-, Nord- und Südeuropa

Der Stolz der Stadt sind die Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen: die Universität, das Institut für Informatik, Wirtschaft und Recht, die Kunsthochschule, die Musikschule, die Philharmonie, die Gesellschaft für Theaterwissenschaften sowie eines der besten Gymnasien des Landes. Als wichtigste Industriezweige sind die holzverarbeitende, elektrotechnische und Nahrungsmittelindustrie zu nennen. Das Schloss und die Festung aus dem 10. Jahrhundert, historische Gebäude, Völkerkunde- und Kunstmuseen, einladende Cafés und Restaurants, die transkarpatischen Berge, das mineralreiche Wasser mit nahezu 100 Heilquellen, die grüne Stadt am Ufer des Flusses – all das spricht für die Entwicklung eines internationalen Tourismus- und Erholungsgebietes. Jedes Jahr am ersten Wochenende im Oktober feiern Einwohner und Gäste den »Tag der Stadt Ushgorod«, ein Stadtfest, zu dem auch die Partnerstädte eingeladen sind. Darmstadt hat bereits mehrmals in Gestalt von Kunstausstellungen und Musikgruppen daran teilgenommen.

Von Darmstadt nach Usgorod sind es 1.330 Kilometer. Über die A3 durch Österreich und Ungarn benötigt man ca. 13 Stunden mit dem Auto. Weitere Infos: www.karpataljaturizmus.info

LIEPAJA > LETTLAND > PARTNERSTADT SEIT 1993

Konzerthalle «Großer Bernstein« / Latvia Trave

Liepaja entwickelte sich aus dem kleinen Fischerdorf Liva, das an der Mündung des gleichnamigen Flusses in die Ostsee entstand. Erstmals erwähnt wurde der Ort unter dem deutschen Namen Libau in historischen Quellen aus dem Jahre 1253 als Hafen im Besitz des Deutschen Ritterordens. Die Stadt liegt 213 Kilometer von der Hauptstadt Riga entfernt, im süd-westlichen Teil von Lettland auf einer Landzunge zwischen der Ostsee und dem Liepaja-See. Liepaja bekam 1625 das Stadtrecht, zählt heute 86.000 Einwohner und ist die drittgrößte Stadt Lettlands. Liepaja verfügt über einen eisfreien Hafen und kann heute einen der günstigsten Transitwege von West nach Ost für Frachtschiffe anbieten. Das Wachstum der Stadt war stets durch den Hafen und die ständige Konkurrenz mit den anderen lettischen Hafenstädten Ventspils und Riga geprägt. Die Zerstörung durch Kriege und Brände nahm ebenso wie die häufigen Regierungswechsel in Lettland bis ins 20. Jahrhundert Einfluss auf die Entwicklung der Stadt. In der Zeit der sowjetischen Okkupation verlor Liepaja seine internationale Bedeutung als Hafenstadt. Ganz besonderen Charme besitzt die Stadt wegen der Kombination aus historischen Gebäuden und der wunderschönen Lage direkt an der Ostsee. Seit dem 18. Jahrhundert ist Liepaja als beliebter Badeort mit einem weißen Sandstrand bekannt. Das Stadtbild ist vor allem auch durch die Bauten des deutschen Architekten Max Paul Bertschy (1872-1902), einem Schüler Schinkels, geprägt. Er lieferte die Pläne für einige bedeutende Gebäude der Stadt, wie das Rathaus, das Museum für Kunst und Geschichte und die Dreifaltigkeitskirche. In der Innenausstattung des Gebäudes sind zudem Rokoko-Elemente enthalten. Dort befindet sich auch die größte mechanische Orgel Europas.

Heute ist die Stadt durch ein pulsierendes Geschäftsleben geprägt. Hier sind sowohl Textil- und Lebensmittelunternehmen als auch metall- und holzverarbeitende Betriebe angesiedelt. Liepaja ist auch eine Stadt, in der Musik und Kultur zu Hause sind. Das Popmusikfestival »Bernstein von Liepaja« begeistert jedes Jahr das junge Publikum.

Von Darmstadt nach Liepaja sind es 1.800 Kilometer. Über die A4 fährt man ca. 18 Stunden durch Polen und Litauen. Schneller geht es mit der Air Baltic ab Frankfurt. Mit Zwischenstopps ist man in vier Stunden am Ziel. Es besteht auch eine Fährverbindung ab Travemünde. Weitere Infos: www.latvia.travel/de

LOGRONO > Spanien > Partnerstadt seit 2002

Brücken über den Fluss Ebro, FOTO Wikimedia

In Nordspanien gelegen ist Logroño die Hauptstadt der Autonomen Region La Rioja. Sie ist zwar die kleinste der siebzehn spanischen Regionen, kann aber durch landwirtschaftlichen und industriellen Reichtum eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen vorweisen. Seit dem 11. Jahrhundert führt der Jakobsweg, der wichtigste Kommunikationsweg im mittelalterlichen Europa, über Logroño nach Santiago de Compostela. Dadurch blühten Wirtschaft und Kultur auf. Durch die geographische Situation, aber auch durch die Lage am Ebro, wurde Logroño zu einer privilegierten Stadt mit heute etwa 144.000 Einwohnern.

Das Stadtbild ist geprägt von den Pilgern, die über eine alte Steinbrücke über den Ebro in die Stadt kommen. Ihr Weg führt sie weiter, vorbei an der Kirche »Santiago el Rea«, dem Pilgerbrunnen, dem Parlament von La Rioja, um schließlich das alte Stadttor »Puerta del Revellín« zu passieren. Sehenswert sind außerdem die älteste Kirche der Stadt »San Bartolomé« aus dem 13. Jahrhundert sowie die Kathedrale »Santa María de la Redonda« mit ihren barocken Zwillingstürmen, die sehenswerte Kunstwerke beherbergt. Ein weiteres Wahrzeichen der Stadt ist die Kirche »Santa María de Palacio« mit ihrem einzigartigen gotischen pyramidenförmigen Turm. Der Schutzpatron der Stadt, San Bernabé, wird am 11. Juni traditionell geehrt. Dann wird der heldenhaften Verteidigung von Logroño vor den französischen Truppen 1521 gedacht.

Ein Abstecher in die Kneipenstraße »Calle Laurel« zum Tapas essen und Wein trinken darf nicht fehlen. Genießen doch die Gastronomie und der Wein, das bekannteste Produkt des weltberühmten Weinbaugebiets »La Rioja«, einen ganz besonderen Stellenwert. Das populärste Fest in
Logroño ist die Fiesta San Mateo, das Weinlesefest, das vom 20. bis 26. September mit Traubenstampfen, Paraden, Stierkämpfen, Feuerwerk, Pelotaspielen und natürlich mit reichlich Wein gefeiert wird. Zur Erholung bieten sich die Parkanlagen der Uferpromenade des EbroParks sowie der Naturpark La Grajera mit Stausee an. 

Von Darmstadt nach Logrono sind es 1.548 Kilometer. Über die A10 fährt man ca. 14 Stunden über Bordeaux und San Sebastian. Schneller geht es mit der Lufthansa ab Frankfurt Nonstop nach Bilbao in ca. zwei Stunden. Von dort sind es noch 136 Kilometer mit einem Leihwagen zum Ziel. Weitere Infos: www.spain.info/de Weitere Infos: www.freiberg-service.de

SAN ANTONIO > USA > PARTNERSTADT SEIT 2017

San Antonio River Walk FOTO Wikimedia

San Antonio liegt im Bundesstaat Texas am gleichnamigen Fluss nur etwa 150 Kilometer von der mexikanischen Grenze entfernt und ist die älteste Stadt in Texas. Der Name geht zurück auf den Heiligen Antonius von Padua, an dessen Gedenktag die Missionare in der Gegend haltgemacht hatten. 1718 bauten die Franziskaner die Missionsstation »San António de Valero«, jenes Gebäude, das heute als »The Alamo« bekannt ist. Bei einem Militärstützpunkt zum Schutz der Missionare wurde 1735 die Siedlung »San Antonio de Béxar« gegründet. Die Stadt war zunächst Teil des spanischen Kolonialreiches und gehörte dann ab 1821 zum unabhängig gewordenen Mexiko. San Antonio wurde im Dezember 1835 von Truppen der bald daraufhin ausgerufenen Republik Texas im Aufstand gegen das mexikanische Regime erobert.

Heute ist San Antonio die siebtgrößte Stadt der USA und fast zehn Mal größer als Darmstadt. Unter den 1,5 Millionen Einwohnern sind viele Spitzenforscher. Raumfahrt- und Militärtechnologie prägen die Stadtwirtschaft, aber auch IT, Energiesektor und Biomedizin sind vertreten. An der University of Texas sind 29 000 Menschen eingeschrieben. Und das, was Darmstadt noch vor sich hat – nämlich Weltkulturerbe zu werden – hat San Antonio schon geschafft: Das legendäre Fort Alamo ist gemeinsam mit vier weiteren Missionen aus der spanischen Kolonialzeit seit 2015 als Welterbe anerkannt.

Zu den Sehenswürdigkeiten zählt auch der River Walk, eine mehrere Kilometer lange Fußgängerpromenade mit Cafés und Geschäften entlang des San Antonio River. Die kulturell vielfältige Region ist von spanischen, mexikanischen, angloamerikanischen und deutschen Einflüssen geprägt. Noch bis zum Ersten Weltkrieg war die Stadt dreisprachig. Man sprach zu etwa gleichen Teilen englisch, spanisch und deutsch. Die Spuren der Deutschstämmigen sind bis heute sichtbar. Hier lebte der 1820 in Darmstadt geborenen und nach San Antonio ausgewanderten Sozialreformer Ferdinand von Herff. Er gilt als Vater des texanischen Krankenhauswesens. Heute besitzen seine Nachfahren eine der größten Regionalbanken.

Von Darmstadt nach San Antonio sind es 1.548 Kilometer. Mehrere Airlines fliegen ab Frankfurt in die texanische Stadt. Der Flug dauert je nach der Zahl der Zwischenstopps zwischen 13 und 18 Stunden. Weitere Infos: san-antonio-official-visitor-information.business.site

Mit San Antonio, der 16. und jüngste Partnerstadt endet unsere Serie über »Darmstadts Schwestern«


NOCH FRAGEN ?
Das Amt für Interkulturelles und Internationales unterstützt den Austausch mit den Partnerstädten und fördert Begegnungen im Rahmen von internationalen Kontakten. Unterstützung bekommen nicht nur Gruppen, Schulen, Vereine und Institutionen, sondern auch einzelne Bürger und Bürgerinnen. Jeden Monat erscheint der »Brückenschlag« mit Terminkalender und Informationen zu Konzerten, Ausstellungen und anderen Veranstaltungen sowie allen geplanten Projekten. Er ist in den städtischen Einrichtungen erhältlich.