DARMSTADTS Partnerstädte – Teil 2

© Mar Cedeira

Brücken nach Europa

Wenn die Völker einander kennenlernen, hat der Hass keine Chance. Das waren die Überlegungen, die 1958 in Darmstadt zu den ersten Städteverschwisterungen führten. Für die vielfältigen Aktivitäten in Sachen Städtefreundschaften erhielt Darmstadt bereits 1964 die Europafahne und im Jahr 1975 sogar den Europapreis des Europarates in Straßburg. Im Darmstädter Stadtbild sind die 15 Schwesterstädte ständig präsent: Sie begegnen uns in Straßennamen als Namensgeber unserer Straßenbahnen, auf Tafeln an den Ortseingängen oder auf Bronze-Flachreliefs in der oberen Rheinstraße. Durch die Festwoche »Europa in Darmstadt – Dialog der Städte« im Juni endeckten viele Darmstädter ihre Partnerstädte wieder neu. Wir greifen diese Idee auf und stellen in dieser und den kommenden Ausgaben unsere Darmstädter Partnerstädte vor, um Sie vielleicht zu einer Städtereise anzuregen. Fremde Kulturen und interessante Menschen kennenzulernen ist schließlich das Ziel der »Jumelage«.

Ulu Cami, die große Moschee ©Ihvan Hac Malzemeleri

BURSA > TÜRKEI > PARTNERSTADT SEIT 1971

Die Aussetzung der Städtepartnerschaft zwischen Darmstadt und der türkischen Stadt Bursa war im März 2017 der türkischen Stadt mit Verweis auf bundespolitische Gründe beschlossen worden. Mitte letzten Jahres lebt die seit 1971 bestehende Partnerschaft aber wieder auf: Oberbürgermeister Jochen Partsch begrüßte die Entscheidung der Stadt Bursa mit ihren rund 2,9 Millionen Einwohnern, die Unterbrechung der offiziellen Kontakte zu beenden. Die viertgrößte Stadt der Türkei liegt 90 Kilometer südlich von Istanbul am Fuße des 2.543 Meter hohen Mönchsbergs dem »Uludag«. Die Küste des Marmarameeres ist nur 20 Kilometer entfernt. Im 14. Jahrhundert war Bursa die Hauptstadt des Osmanischen Reiches. Die erste Moschee von Bursa ist seit dem 14. Jahrhundert kombiniert mit einer Koranschule. Sie bietet eine wundervolle Aussicht auf das ganze Tal. Grünes Bursa nennen die Einwohner ihre Stadt wegen der vielen prächtigen, mit grünen Kacheln geschmückten Moscheen und der fruchtbaren Umgebung mit ihren Oliven und Obstgärten. Der große Brand von 1801 und das Erdbeben von 1855 beschädigten Teile der Stadt. Heute ist die Region eine der bedeutendsten Fremdenverkehrszentren der Türkei und gilt als beliebtes Wander- und Bergsteigergebiet im Sommer und ist das größte Wintersportzentrum der Türkei. Im Zentrum von Bursa befindet sich die Ulu Moschee, die um 1400 von den Osmanen errichtet wurde. Die große Moschee ist bekannt für die zahlreichen Kalligrafien an den Wänden. Statt einer großen Kuppel bedecken 20 Kuppeln, die von zwölf Pfeilern getragen werden, das Bauwerk. Nur einige Meter von der Moschee entfernt befindet sich der Seidenbasar »Koza Han«, der 1491 dort errichtet wurde. Die 95 Geschäfte sind eine Attraktion für Touristen.

Von Darmstadt nach Bursa sind es 1.870 km. Mehrere Fluggesellschaften fliegen von Frankfurt in knapp drei Stunden direkt nach Istanbul, von dort sind es 240 km mit dem Auto nach Bursa. Weitere Infos: www.tuerkeireiseblog.de/marmararegion/bursa/

PLOCK > POLEN > PARTNERSTADT SEIT 1988

Schloss der Masowischen Herzöge © Wikimedia

Die Stadt Plock mit ihren rund 120.000 Einwohnern liegt etwa 100 Kilometer nordwestlich von Warschau an der Weichsel. Das alte Plock war Sitz der Maszowischen Fürsten und der polnischen Herrscher. An die reiche, tausendjährige Geschichte der ehemaligen Königsstadt erinnern heute unter anderem zahlreiche historische Bauten und die Plocker Tage der Geschichte mit Vorführungen von Ritterkämpfen, Wettbewerbe der Armbrustschützen und Kunsthandwerke auf dem Domhügel. Die ursprüngliche romanische Kathedrale »Himmelfahrt unserer Heiligen Mutter Maria« aus dem 12. Jahrhundert ist eine der fünf ältesten Kathedralen Polens. Sie wurde von italienischen Meistern in der Epoche der Renaissance mit einer Kopie der berühmten Plocker Bronzetür und der Königlichen Kapelle umgebaut. In der Kathedrale findet im Sommer das Festival der Orgelmusik statt. Das Maszowische Museum gehört zu den ältesten Museen Polens. Seine Anfänge gehen auf das Jahr 1821 zurück. Vor 1939 stellten die ca. 7.600 jüdischen Einwohner ein Drittel der Bevölkerung. Sie wurden von den deutschen Besatzern im November 1939 in ein Ghetto umgesiedelt und Anfang 1941 in Konzentrationslager deportiert, wo ein Großteil der Plocker Juden ermordet wurde. Den wirtschaftlichen Aufschwung begründeten die größte Erdölraffinerie und die größte Binnenschiffswerft Polens. 

Die Polytechnische Hochschulen, eine Abteilung der Universität Warschau für Technik- und Sozialwissenschaften und eine Hochschule für Management, Pädagogik, Politologie und Informatik beherbergt die Stadt. In der Altstadt organisiert das Plocker Symphonieorchester im Rahmen der Sommermusikfestivals Konzerte auf dem Alten Markt. Dort befindet sich auch das historische Rathaus und auch das »Haus der Freundschaft Płock–Darmstadt«. Jedes Jahr im Mai gibt es beim »Europäischen Picknick« ein Treffen mit den Freunden aus den Partnerstädten.

Von Darmstadt nach Plock sind es 1.040 km. Man erreicht die Partnerstadt mit dem Auto über die A9 und die A2 in knapp 10 Stunden oder mit dem Fernbus in 17 Stunden. Weitere Infos: www.plock.eu/en/tourist_information_center.html

SZEGED & GYÖNK > UNGARN > PARTNERSTADT SEIT 1990

Bei 2.100 Sonnenstunden im Jahr trägt Szeged zu Recht den Beinamen »Stadt des Sonnenlichts«. Sie liegt am Zusammenfluss der Flüsse Theiß und Maros. 1879 vernichtete eine Flutwelle der Theiß in einer einzigen Nacht die Stadt fast vollständig. Von den damals dort lebenden 70.000 Einwohnern verblieben nur noch 35.000 Menschen in der Stadt und auf den umliegenden Gehöften. In Rekordzeit wurde bis 1883 eine neue Stadt aufgebaut. Und zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebten dort bereits wieder 86.000 Einwohner. Der Erbauer der neuen Stadt hieß Lajos Tisza und wurde für seine geleistete Arbeit zum Grafen ernannt. Heute leben rund 163.000 Einwohner in der drittgrößte Stadt Ungarns an der Südgrenze des Landes nahe dem Dreiländereck mit Serbien und Rumänien. Das bekannte Szegediner Gulasch besteht aus Rind- oder Kalb- , Pferde-, Schweine-, Lamm- oder Hammelfleisch und wird kombiniert mit Paprika zubereitet. Das Gewürz wurde von den Franziskaner- Mönchen aus Alsóváros eingeführt und befindet sich auch in der weltbekannten Pick-Salami, die seit 1869 in der Wurstfabrik von Mark Pic in Szeged hergestellt wird. Im Verlauf der letzten Jahre entwickelte sich die Stadt zu einer Stätte der Diplomatie. Das Zentrum für Sicherheitspolitik organisiert regelmäßig Konferenzen, die der Stabilität der Region dienen und wo sich die führenden Politiker Süd-Ost- Europas treffen. 

Votivkirche, ©Wikimedia

In der Innenstadt kann man die Harmonien der eklektischen und vom Jugendstil beeinflussten Straßenzeilen bewundern und die aus Dank von den Überlebenden des Hochwassers errichtete neoromanische Votivkirche (1930). Der gesamte Innenraum zeigt deutlichen Einfluss des Jugendstils, der in Szeged besonders verbreitet ist. Die Kirche ist oft Schauplatz von Konzerten. Seit 1931, der Eröffnung der ersten Freilichtspiele, wird die Stadt im Sommer zum Treffpunkt der Musen. Neben den Theateraufführungen ziehen die Sommerausstellungen, Orgelkonzerte oder das Internationale Volkstanzfestival jedes Jahr mehrere zehntausend Touristen an. Die Gäste halten Szeged zu Recht für einen der interessantesten Orte Ungarns.

Von Darmstadt nach Gyönk sind es 1.100 Kilometer. Man fährt in rund zehn Stunden über die A3 durch Österreich in die kleinste Partnerstadt. Weiter geht es über die Route 52 und die M5 in 2,5 Stunden nach
Szeged. Weitere Infos: www.szegedtourism.hu/de

FREIBERG > SACHSEN > PARTNERSTADT seit 1990

Obermarkt, © Wikimedia

Idyllisch am Fuße des Erzgebirges und nahe Dresden gelegen, zählt die Silberstadt Freiberg mit ihren rund 40.000 Einwohnern zu einer der schönsten Städte Sachsens. 800 Jahre wurde am »freyen Berg« am Fuße des Erzgebirges Silber abgebaut. Das historische Silberbergwerk ist jedoch 1969 in ein Besucherbergwerk umgewandelt worden. Die 1765 gegründete Bergakademie war die erste montanwissenschaftliche Hochschule der Welt und besitzt noch heute weltweit einen hervorragenden Ruf. Die noch fast vollständig erhaltene Altstadt mit ihren Patrizierhäusern zeugt vom einstigen Reichtum der traditionsreichen Bergstadt. Der Obermarkt, das architektonische Zentrum der Stadt, zählt zu den schönsten Marktplätzen Deutschlands. Dort stehen das 1414 erbaute Renaissance-Rathaus mit seinem Porzellanglockenspiel sowie das Standbild von Markgraf Otto, dem Gründer der Stadt. In der historischen Altstadt findet man eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler der Stadt, die Kirche St. Nikolai, erbaut um 1175. Sehenswert ist außerdem der Freiberger Dom, der einst als romanische Basilika errichtet wurde. Die spätgotische Dom beherbergt die große Silbermannorgel, geschaffen zwischen 1711 und 1714 von Sachsens berühmten Orgelbaumeister Gottfried Silbermann. Im Dom finden regelmäßig Orgelkonzerte mit internationalen Solisten statt. Inzwischen ist Freiberg Heimstatt für innovative Unternehmen, z.B. aus den Bereichen Recycling und Halbleitermaterialien. Mittlerweile haben sich auch mehrere Unternehmen aus dem Bereich der Solartechnik erfolgreich angesiedelt. Aufgrund der heutigen Dominanz dieses Wirtschaftszweigs steht der technologische Wandel in Freiberg unter dem Motto vom Silber zum Silizium. 

Von Darmstadt nach Freiberg sind es 469 Kilometer. Man erreicht die Partnerstadt über die A4 in rund 4 Stunden oder vom Hauptbahnhof mit dem Trainline-Zug in 5,5 Stunden. Weitere Infos: www.freiberg-service.de

BRESCIA > ITALIEN > PARTNERSTADT SEIT 1991

Burg mit Befestigungsanlage, © In-lombardia

Brescia liegt im Herzen der Lombardei, rund 30 Kilometer vom südwestlichen Gardasee entfernt und ist nicht nur wegen der zahlreichen Kunstschätze einen Besuch wert. Die Geschichte der einstigen römischen Kolonie ist sehr eng mit dem Schicksal der Langobarden verbunden, die im 6. und 7. Jahrhundert von Brescia aus regierten. Die Kulturdenkmäler legen ein nahezu lückenloses Zeugnis der vergangenen 2000 Jahre ab. Auf einem Rundgang durch Brescias Altstadt trifft man auf antike Bauwerke, frühchristliche Sakralkunst, romanische und gotische Kirchen sowie eindrucksvolle Plätze und Paläste. Die Klosteranlage Santa Giulia beherbergt heute das äußerst sehenswerte Stadtmuseum. Die Burg mit ihrem mittelalterlichen Kern und den runden Türmen aus der Zeit der venezianischen Republik zählte einst zu einer der größten Befestigungsanlagen Norditaliens. Die »Piazza della Loggia« bildet das Zentrum der Stadt mit dem imposanten Renaissancepalast »Palazzo della Loggia«, sowie der Domplatz und das Kapitol mit dem römischen Theater. Brescia gilt als ein blühendes Wirtschaftszentrum. Metall- und Maschinenbau sind stark vertreten. Eine wichtige Rolle spielen sowohl die Landwirtschaft als auch die Tierzucht. In Brescia startet die legendäre »Mille Miglia Storica« (Tausendmeilenrennen). Die Oldtimer und ihre stolzen Fahrer finden sich hier immer im Mai ein, um den Geist des historischen Rennsportereignisses aufleben zu lassen. Bereits ein Klassiker ist das »Festival Pianistico Internazionale di Brescia e Bergamo« das seit 1964 jedes Frühjahr im »Teatro Grande« stattfindet. Seit dem Jahr 2001, dem zehnjährigen Verschwisterungsjubiläum, veranstaltet Brescia regelmäßig im September ein Partnerschaftsfest. Musikgruppen aus beiden Städten sowie gastronomische Spezialitäten aus Darmstadt und Brescia locken zahlreiche Menschen auf den Festplatz der Burg von Brescia.

Von Darmstadt nach Brescia sind es 718 Kilometer. Man erreicht die Partnerstadt über die A5 und die A2 in rund 8 Stunden. Oder mit dem Flixbus vom Hauptbahnhof in 10 Stunden. Weitere Infos: www.turismobrescia.it/de