
Ausbau zur Modellstadt beginnt
Darmstadt ist Gewinner des Wettbewerbs „Digitale Stadt“, den der Digitalverband Bitkom in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) initiiert hat. Mit der Unterstützung von mehr als 20 Partnerunternehmen wird Darmstadt nun zu einer digitalen Modellstadt ausgebaut.
Oberbürgermeister Jochen Partsch hat viel vor. Die kommenden digitalen Angebote sollen Leben und Alltag der Darmstädter verändern – unter anderem bei den Themen Umwelt, Bildung, Sicherheit, Verkehr und Gesundheit. Am Ende des Prozesses könnte Darmstadt eine beispielhafte Smart City sein.
Am Ausbau von Darmstadt zu einer digitalen Vorzeigestadt beteiligt sich ein breites Bündnis aus Digitalunternehmen, die das Projekt mit Produkten und Dienstleistungen in zweistelliger Millionenhöhe unterstützen. Allein das Land Hessen hat der Stadt zehn Millionen Euro zugesichert. Außerdem werden die Bitkom-Unternehmen einen zweistelligen Millionenbetrag einbringen. Um die angebotenen Dienst- und Sachleistungen abrufen zu können, wird die Stadt eine eigene GmbH gründen. Ein Projektmanagement-Team unter der Leitung von Heag Vorstand Professor Klaus-Michael Ahrend hat im Juli 2017 seine Arbeit aufgenommen.
Ab 2018 könne man die ersten Ergebnisse beziehungsweise Umsetzungen sehen – so der Plan der Verantwortlichen. Dann gebe es „innovative Online-Anwendungen“ für die öffentliche Verwaltung und die Telekommunikationsnetze werden ausgebaut und verbessert. Dazu zählt der Ausbau des öffentlichen WLAN-Netzes, dem Darmstadt WiFi, das seit August 2016 an einigen ausgewählten Standorten verfügbar ist. Zudem will Vodafone die Stadt mit einem 500-Mbit-Mobilfunknetz versorgen.
DIGITALE STADT DARMSTADT PARKT SMART
Auch die Parkplatzsuche wird in der digitalen Stadt Darmstadt einfacher: Über die Telekom-App „Park and Joy“ können sich Autofahrer künftig über freie Parkplätze in der Innenstadt informieren und diese auch gleich mit dem Handy bezahlen. Die Vereinbarung wurde am Rande des Digital Gipfels in Ludwigshafen von Oberbürgermeister Jochen Partsch und dem T-Systems Chef Reinhard Clemens unterzeichnet. Start gemeinsamen Projektes ist 2018. Bis Ende 2019 soll dann ein Großteil des innerstädtischen bewirtschafteten Parkraums vernetzt sein. In einer weiteren Ausbaustufe sollen außerdem Parkhäuser und private Stellflächen an die Smart-City-Lösung angeschlossen werden. So wird die Möglichkeit geschaffen, Parkplätze sogar im Vorfeld zu reservieren. Damit freie Parkplätze in Echtzeit auf dem Handy angezeigt werden können, sollen in den kommenden zwei Jahren Sensoren auf kostenpflichtigen Parkplätzen in der Innenstadt angebracht werden. Diese melden über ein Schmalband-Mobilfunknetz, ob ein Parkplatz frei ist.
Zu den Visionen gehören auch die Verkehrsverflüssigung und ökologisch nachhaltige urbane Mobilität. Sie sind essentiell für Wachstum und Wohlergehen einer Stadt und ein wichtiger Bestandteil der digitalen Lebensreform. Um diese Ziele zu erreichen, sollen der Individual- verkehr, der ÖPNV sowie die städtische Infrastruktur vernetzt und die Voraussetzungen für den Mischverkehr mit automatisierten und autonomen Fahrzeugen geschaffen werden. Für die Digitalstadt Darmstadt wird ein teilautonom fahrender Straßenbahn-Prototyp entwickelt, autonom fahrende Minibusse erprobt.
Doch auch ohne das große Maßnahmenpaket gibt es schon heute in und aus Darmstadt verschiedene digitale Produkte. So bringt die »Darmstadt-App«, Touristen und Besucher die Sehenswürdigkeiten multimedial näher. Schlaglöcher und defekte Straßenlaternen kann man mit der »Mängelmelder-App« festhalten und bei der Verwaltung melden. Der Fachbereich Informatik der Hochschule Darmstadt hat mit der App »Wheel Scout« eine digitale Navigationshilfe für Menschen im Rollstuhl entwickelt.
Bei der Abfallentsorgung denkt die Stadt ebenfalls digital: Der EAD testet aktuell Mülleimer, die mit speziellen Sensoren ausgestattet sind, um den Füllstand zu messen. In Zukunft müssen die Müllautos dann nur noch die Mülleimer anfahren, die wirklich einer Entleerung bedürfen, die Touren könnten von EAD dementsprechend flexibel gestaltet werden.
Das Ziel künftig zu 100 Prozent digital zu arbeiten, verfolgt auch das Klinikum Darmstadt. In dem Krankenhaus begann man schon vor ein paar Jahren mit der Digitalisierung. Mittlerweile sind unter anderem flächendeckend Visite-Wagen mit Computer und WLAN im Einsatz und Videokonferenzen mit anderen Kliniken gehören für die Ärzte zum Alltag. In Zukunft will das Krankenhaus auch Online-Beratungen in Chatrooms anbieten.
Mit der Wahl von Darmstadt zur „Digitalen Stadt“ sind große Erwartungen verbunden. Man erhofft sich mittel- und langfristig durch die Maßnahmen eine Reduzierung der Kosten und die Schonung von Ressourcen und Emissionsminderung. Inwieweit das gelingen wird, muss sich in den nächsten Jahren allerdings noch zeigen. Das »M« Magazin wird die Entwicklung aufmerksam verfolgen, um den Stand der Dinge zu überprüfen und mit einigen der Verantwortlichen zu reden.

DER WETTBEWERB
Der Wettbewerb „Digitale Stadt“ war Ende November 2016 gestartet. Bewerben konnten sich mittelgroße Städte mit rund 100.000 bis 150.000 Einwohnern. In der ersten Runde hatten sich 14 Städte beworben, von denen es Darmstadt, Heidelberg, Kaiserslautern, Paderborn und Wolfsburg in die Endrunde schafften. Neben Bitkom und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund beteiligen sich folgende Unternehmen an dem Projekt: Deutsche Telekom, Hewlett Packard Enterprise, SAP, Software AG, Vodafone, Autodesk, Civocracy, Deutsche Bahn, DJI, DocMorris, DPD Dynamic Parcel Distribution, ebay, ecsec, eluminocity, Esri, Intel, Kathrein, Little Bird, m.doc, nebenan.de, PTV Group, Roland Berger, Samsung, Speed4Trade und Vitaphone. In der Jury waren Bitkom, Deutsche Telekom, SAP, Software AG, Hewlett Packard Enterprise und Vodafone vertreten. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund stand der Jury beratend zur Seite.
TEXT Hans-Werner Mayer
Hinterlasse jetzt einen Kommentar