Adams Kostüme

Foto David Zawila

Mode wird immer mehr zur Männersache

Früher ging ‚Mann‘ hierzulande meist nur dann zum Shoppen, wenn er wirklich dringend etwas Neues zum Anziehen brauchte. Entsprechend kurz dauerte das lästige Procedere: Ein Laden, gezielte Griffe ins Sortiment, eine kurze Anprobe und schon waren die Teile für die nächste Saison gekauft. Dabei mussten Beinkleider, Schuhe, Shirts und Co vor allem praktisch, bodenständig und langlebig sein. Modische Attitüde war hingegen bei den Herren der Schöpfung nur selten ein Kriterium.

Für ein bisschen mehr Pepp sorgten höchstens begleitende und beratende Lebensgefährtinnen, wenn sie in die Verhandlungen über die textile Bedarfsdeckung ihrer besseren Hälfte eintraten…

Noch vor acht Jahren hieß es zu diesem Thema augenzwinkernd in einer Kolumne des SZ-Magazins: „In Bequem-Schuhen, Windjacken und Jeans bewegt sich hier eine uniforme Masse, die vor allem eines nicht will: Auffallen – oder den Eindruck erwecken, sie würde ihre äußere Erscheinung wichtig nehmen.

Solche weit verbreitete modische Passivität des starken Geschlechts mit der Tendenz zu „Unbeholfenheit und Wurschtigkeit“ wird heute glücklicherweise seltener. Es gibt nämlich immer mehr männliche ‚Fashionistas‘ – insbesondere in den großen Städten – die sich mit Lust und Laune, Neugier und Eitelkeit sowie Kreativität ans eigene ‚Fitting‘ machen.

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Mitverantwortlich an dieser Entwicklung, die nicht nur jüngere Männer begeistert, ist unter anderem das wachsende Angebot für hippe ‚Menswear‘im Handel- insbesondere dort wo coole Styles und angesagter Chic virtuell geordert werden können. Denn gerade im Netz tummeln sich mittlerweile zahlreiche ‚Fashionweeks‘ erprobte Blogger und internationale Onlineshops, die sich auf Männermode spezialisiert haben und stets einen breiten Blick auf den aktuellen Modekosmos bieten. Besonders erfolgreich ist hier gerade, sich nach eingehender Stilberatung – so bietet es etwa OUTFITTERY an – ein perfekt aufeinander abgestimmtes ‚Von-Kopf-bis-Fuß-Outfit‘ online zusammen zu stellen.

Es ist also Bewegung in der textilen Konsumwelt der Männer. Doch ausgerechnet die heimische Mode-Industrie scheint dieser Dynamik noch hinterher zu hinken. Das beklagen auch Modedesigner. Sie bedauern vor allem, dass trendsetzende High-Fashion in Deutschland nicht wie etwa in Frankreich oder Italien für jedermann ein Teil der kulturellen Identität sei. Hersteller hierzulande wollten –so die Kritik der Kreativen – vor allem Massen taugliche Ware produzieren. Oftmals fehle dann die bunte, mutige Attitüde, als habe man Angst vorm schönen kurzlebigen Schein.

Wie sehr hierzulande Bekleidungshersteller gerade Männer noch immer vernachlässigen, zeigt die aktuelle Branchenstudie „Textilmarkt 2020“. Danach werden jährlich Milliardenbeträge an Umsatzpotenzial verschenkt. Der Untersuchung
zufolge werden vor allem die Herren-Modeabteilungen in den Kaufhäusern auf weniger attraktive Flächen verbannt, in der Werbung ist Menswear unterrepräsentiert und mit ihrer Waren-Auswahl und Präsentation liegen Händler und Produzenten oft daneben. Männer seien eigentlich die vergessene Konsumentengruppe, folgern die Studien-Autoren.

Dennoch wandelt sich das modische Konsumverhalten Schritt für Schritt. Dabei legen insbesondere jüngere Männer zwischen 18 und 35 in urbanen Lebensumgebungen verstärkt Wert auf Lifestyle und zeigen dies auch gerne anhand ihrer äußeren Erscheinung. Im vergangenen Jahr kauften Männer in Deutschland für rund 19 Milliarden Euro Bekleidung ein – Tendenz steigend. Das entspreche aber, so die Studien-Statistik, trotzdem nur einem Drittel des Fashion-Marktes.

Es ist also noch viel Luft nach oben, wenn es in Zukunft um die modische Vermarktung von Adams Kostümen geht. Dass dieser Prozess gerade in unseren Breiten verhaltener verläuft als etwa bei unseren europäischen Nachbarn im Westen oder Süden, liegt aber wahrscheinlich nicht allein an der Trägheit und dem Konservativismus der hiesigen Branche. Es liegt wohl auch ein Stück weit an der teutonischen Mentalität, wie die Modeexpertin, Romanistin und Autorin des Buches „Angezogen“ Barbara Vinken meint. Mode sei nämlich der Triumph der Schönheit im Angesicht der Vergänglichkeit. Sie sei nicht für die Dauer gemacht, sondern für den schönen Augenblick. Das widerspreche dem deutschen Geist, der lieber längerfristig denke.

Diesbezüglich können viele deutsche Männer wohl noch bei ihren italienischen und französischen Nachbarn in die Schule gehen. In diesen Ländern

Alvin Mahmundov

genießen nämlich traditionell nicht nur Frauen Mode als spielerisches, sinnliches Stilmittel, mit dem man für sich wirbt, sich inszeniert, sich abgrenzt aber auch anpasst…. und sich dabei auch nicht unbedingt immer allzu ernst nimmt.

Text Nicola Wilbrand-Donzelli